Beim Preisträger buchen: Auch Luxus ist machbar!

Jährlich werden Projekte mit dem ToDo!-Preis auf der Tourismusbörse in Berlin ausgezeichnet. Bedingung: Die lokale Bevölkerung muss aktiv an Planung und Durchführung partizipieren

Tuareg am Ufer des Niger nahe der malischen Wüstenstadt Timbuktu Bild: dpa

"Die Zukunft des Tourismus wird nicht zuletzt davon abhängen, ob er sich für die Bevölkerung in den Zielgebieten in einer sozialverantwortlichen Form entwickelt." Um diesen Blickwinkel zu schärfen, veranstaltet der Studienkreis für Tourismus und Entwicklung, eine gemeinnützige Organisation, jedes Jahr den internationalen ToDo!-Wettbewerb für sozialverantwortlichen Tourismus. Dabei werden tourismusrelevante Projekte nach strengen Wettbewerbskriterien ausgezeichnet: Die lokale Bevölkerung muss aktiv und selbst bestimmt an der Planung und Durchführung ihrer Projekte partizipieren; sie hat durch touristische Arbeitsplätze ein gesichertes und faires Einkommen und sie bewahrt ihre Kultur und Natur so weit wie möglich.

In diesem Jahr wurden auf der Internationalen Tourismus Börse (ITB) in Berlin Preisträger aus Mexiko, Südafrika und Australien prämiert. Die mexikanische Grupo Plan, eine Unternehmensgruppe im Familienbesitz, renoviert auf der Halbinsel Yucatán ehemalige Sisal-Landgüter und nutzt sie anschließend als hochwertige Hotels und Gästehäuser. Diese aufgemöbelten Haciendas del Mundo Maya werden als "Luxury Collection" von Starwood Hotels and Resorts vermarktet. Die Investitionen fördern nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung der Region, sondern bieten den Maya neue Quellen für Einkommen, Aus- und Weiterbildung. Viele der für die luxuriösen Haciendas verwendeten Produkte stammen aus der Region, fast alle Mitarbeiter sind Mayas aus den umliegenden Dörfern.

Das zweite preisgekrönte Projekt, das Western Australian Indigenous Tourism Operators Committee (WAITOC), wurde von Aborigines gegründet. Die Non-Profit-Organisation mit Sitz im westaustralischen Perth setzt sich dafür ein, dass die australische Urbevölkerung am wachsenden Tourismus in Westaustralien partizipieren kann. Sie fungiert als Zentrale für die Interessen von rund 100 indigenen touristischen Unternehmen, die im Besitz von Einzelpersonen, Familien oder Gemeinden sind. WAITOC koordiniert den Vertrieb und das Marketing der selbstständigen Betriebe und bietet auch Programme für Existenzgründer. Die Palette der touristischen Aktivitäten der Mitgliedsbetriebe reicht von Unterkunftsmöglichkeiten über Kulturvermittlung bis zu "Bushwalks" im Outback.

Der dritte Preisträger, das Direct Action Centre For Peace and Memory (DACPM) aus Südafrika, bietet unter dem versöhnenden, zukunftsweisenden Motto "Barrieren überwinden, Geteiltes überbrücken" kultur- und polittouristische Führungen durch Kapstadt und die Townships an. Die Guides, die selbst aus den Townships kommen, erzählen auf "Erinnerungstouren" über die Geschichte der schwarzen Bevölkerung während der Apartheid. Das DACPM-Projekt wurde ursprünglich gegründet, um ehemalige Soldaten der ANC (die Mandela-Partei besaß zu Apartheidszeiten einen militärischen Zweig), die meist ohne Schulabschluss und Berufsausbildung waren, ins Zivilleben zu integrieren. Das gelang mit Ausbildungsmaßnahmen, Schulungen und psychologischer Betreuung.

Der ToDo!-Wettbewerb wurde im Jahr 1995 ins Leben gerufen. Zu jener Zeit kreiste die allgemeine Tourismusdebatte um das Thema Umwelt: Reiseunternehmen legten sich auf einmal Umweltbeauftragte zu, einige beteiligten sich sogar am Öko-Audit zum betrieblichen Umweltschutz, touristische Ökosiegel und Umweltpreise vermehrten sich schneller als Karnickel. Gegen diese einseitige Fokussierung auf Umwelt und Umweltverträglichkeit setzte der Studienkreis mit dem "ToDo!-Preis ganz bewusst die soziale Verantwortung und die Sozialverträglichkeit im Tourismus, um die Interessen und Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung "durch Partizipation auf breiter Basis" sicherzustellen. Das schließt den Schutz der Umwelt natürlich mit ein. "Aber was nützt es denn, wenn sich eine Umweltorganisation damit brüstet, dass sie 1.000 Hektar Regenwald aufgekauft hat und dann die Einheimischen, die dort leben, verschwinden müssen?", erklärt Studienkreis-Pressesprecher Klaus Betz.

Trommeln lernen bei den Fußballfans. Das erfreut die Nachbarn Bild: dpa

Wer guten Gewissens reisen möchte, dem bietet die Webseite www.to-do-contest.org eine Fundgrube für beispielhafte Projekte weltweit. Die Palette der Möglichkeiten reicht von Bed & Breakfast bei palästinensischen Familien über das Trekking mit den Tuareg in der Wüste von Marokko oder dem Amazonas-Tripp in Peru bis zum Tanz- und Trommelkurs in Ghana oder der Ayurveda-Kur in Südindien.

Alle Preisträger sind buchbar, entweder durch direkten Kontakt über das Internet oder über kleine spezialisierte Reiseveranstalter wie aventoura, travel-to-nature oder schulz aktiv reisen. Trotzdem ist der Zugang zum Tourismusgeschäft das größte Handicap der Projekte. 26 der 31 bisherigen Preisträger stammen aus Entwicklungsländern, fast alle bewegen sich in einer touristischen Nische, sind klein und finanzschwach, haben wenig bis keine Mittel zur Werbung. "Die Vermarktung dieser Projekte ist sicher ein zentrales Problem", konzediert Armin Vielhaber, der Vorstandsvorsitzende des Studienkreises. Eine langfristige Beratung und Begleitung der Projekte sei zwar wünschenswert, aber nicht Aufgabe des Studienkreises. " Der ToDo! ist ein Wettbewerb und kein Zertifizierungsinstrument oder Gütesiegel", stellt Pressesprecher Betz klar. Und räumt mit dem Vorurteil auf, der Studienkreis prämiere nur Kleinstunternehmen und Dorfgemeinschaften: "Wir haben keine Scheu, auch kapitalstarke Unternehmen für ihr richtiges, sozialverantwortliches Handeln auszuzeichnen. Aber wir finden sie nicht oft." Dieses Jahr ist es mit dem Preisträger Haciendas del Mundo Maya geglückt.

www.studienkreis.org

www.haciendasmundomaya.com

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