NATALIE TENBERG DER WOCHENENDKRIMI
: Für euch, liebe Männer

Bei einem klassischen Krimi gibt es meistens einen Täter, der einen Mord begeht und von einem Detektiv oder einer Polizistin überführt werden muss. Bei „Exiled“ von Johnnie To aus dem Jahr 2006 läuft die Handlung genau umgekehrt: Der Mord hat noch nicht stattgefunden, die Tat samt Motiv wird mit dem Opfer besprochen, der Polizist wartet auf seine Pensionierung und versucht, möglichst nicht mit dem Geschehen in Berührung zu kommen.

Es beginnt mit einer Hand, die an eine Holztür klopft. Ob Wu da sei, fragt der Anklopfer. Nein, sagt die Frau mit Baby, die in der schäbigen Bude in Macao haust. Gleich darauf klopft der nächste, auch er sucht Wu. Kurz umrissen: Der eine will ihn schützen, der andere umbringen, denn sein ehemaliger Boss hat mit Gangster Wu (Nick Cheung) noch eine Rechnung offen. Diese alte Geschichte wird nun mit viel Blut und Patronen aufgekocht und man muss kein Cineast sein, um bei der Musik und dem Szenenbild an einen alten Western zu denken. Kaum fragt man sich aber, wo es denn nun bitte schön zum nächsten Saloon geht, da sitzen die Freunde fröhlich zusammen, kochen, zimmern, schneiden Salat, und wenn der Film mit seiner Musik und dem Schwenk ins Sepiahafte Sie nun an einen anderen erinnert, dann wahrscheinlich an „Die fabelhafte Welt der Amélie“. Und sollten Sie diesen Wechsel jetzt ein bisschen verwirrend finden, sind Sie da mit Sicherheit auch nicht der Einzige.

Hinzu kommen gewisse Längen, in denen ein Gangster den anderen beäugt, seine Pistole befingert, wieder beäugt – und man als (weiblicher) Zuschauer gespannt auf den nächsten Dialog wartet. So ist „Exiled“ am Ende wohl eher ein Film von Männern für Männer. Mit Schauspielern, die es immerhin schaffen, ihre grob skizzierten Figuren mit Leben auszufüllen. „Exiled“ ist aber eben auch ein Film mit nur zwei Rollen für Frauen – und zwar einmal als Mutter, einmal als Prostituierte. Na dann.

„Exiled“; Samstag, 23 Uhr, ZDF Kultur