EU-Engagement in Guinea-Bissau: Jagd auf Kokain und Migranten

Im kleinen Guinea-Bissau übernimmt die EU die Reform von Armee und Polizei. Ein Grund: der Kampf gegen Drogenhandel.

BRÜSSEL taz Guinea-Bissau wird nach der Demokratischen Republik Kongo das zweite afrikanische Land, in dem EU die Reform des gesamten Sicherheitssektors überwachen will. Der EU-Ministerrat beschloss am Dienstag eine entsprechende Mission, um die Armee und Polizei des kleinen westafrikanischen Landes umzustrukturieren. Ziel davon ist auch der Kampf gegen Drogen- und Menschenhandel.

15 militärische und zivile Experten sollen ab März für zunächst zwölf Monate nach Guinea-Bissau reisen, für 5,65 Millionen Euro. Guinea-Bissau ist eines der ärmsten Länder der Welt. Die ehemalige portugiesische Kolonie ist seit 1975 unabhängig, wird aber seit rund zehn Jahren von ständigen Putschen und Militärrevolten erschüttert. 2005 kam der erste Präsident nach der Unabhängigkeit, Nino Vieira, durch Wahlen zurück an die Macht, und er versucht seitdem, mit internationaler Hilfe die große und unruhige Armee seines Landes zu verkleinern. Die EU-Kommission hatte dafür 2007 acht Millionen Euro beiseite gestellt. Es ist nicht einmal bekannt, wie viele Soldaten es in Guinea-Bissau gibt; die Zahlen gehen von 3.500 bis 10.000 aus, bei einer Bevölkerung von 1,3 Millionen.

Die Reform soll auch über den Aufbau einer funktionierenden Polizei und Justiz dazu beitragen, den Kampf gegen den Transit harter Drogen über Guinea-Bissau zu verbessern. Das Land wird zunehmend von südafrikanischen Drogenhändlern benutzt, um Kokain auf den europäischen Markt zu bringen. UN-Schätzungen zufolge kommen rund ein Viertel des in Europa verkauften südamerikanischen Kokains über Westafrika, mit einem Marktwert von 1,4 Milliarden Euro im Jahr. Noch Anfang dieses Jahrzehnts wurden jährlich rund eine Tonne Kokain in Westafrika beschlagnahmt; im Zeitraum 2005 bis 2007 waren es schon insgesamt 30 Tonnen. Guinea-Bissau gilt als wichtigstes Transitland. Es sei zu befürchten, dass Kolumbiens Drogenkartelle praktisch die Kontrolle über den bissauischen Staat übernehmen, weil sie mehr Geld ins Land bringen als die Regierung dort hat. Im Oktober 2007 hatte der UN-Sicherheitsrat seine Sorge darüber geäußert, und im Dezember stellte eine Expertenkonferenz in Portugal fest, Guinea-Bissau könne "Afrikas erster Narco-Staat" werden. Das Land hat inzwischen ein Image in Westafrika ähnlich dem Haitis in der Karibik.

Im Januar wurden überdies zwei der wegen Mordes an vier französischen Touristen in Mauretanien gesuchten islamistischen Terroristen in Guinea-Bissau festgenommen. Teile Westafrikas seien "ein schwarzes Loch geworden, wo jeder sich verstecken kann", sagte daraufhin der Leiter der UN-Behörde für Drogen und Verbrechen (UNODC), Antonio Mazzitelli.

Neben der Schwäche des Staates ist auch Guinea-Bissaus Geografie eine Herausforderung. Der Bijagos-Archipel vor der Küste, mit seinen unzähligen Inseln voller kleiner Landepisten, ist kaum kontrollierbar. Guinea-Bissau kommt auch immer wieder als Transit- oder Ursprungsland für Migranten auf dem Weg nach Europa ins Gespräch.

Die Mission der EU-Militärexperten in Guinea-Bissau fügt sich in den Rahmen der "strategischen Partnerschaft" zwischen Europa und Afrika ein, die EU und Afrikanische Union (AU) im Dezember 2007 bei ihrem Gipfel in Lissabon beschlossen. Darin seien Frieden und Sicherheit als einer der wichtigsten Bereiche der Zusammenarbeit definiert, erklärt der EU-Ministerrat. Die EU hilft bereits in der Demokratischen Republik Kongo über die Expertenmissionen "Eupol" und "Eusec" bei der Reform von Polizei und Armee; eine EU-Truppe war 2006 im Kongo zur Absicherung der Wahlen stationiert und eine weitere soll im Tschad tätig werden.

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