Gewaltprävention: Nachsitzen für Eltern

Der Senat will beim Schutz vor Jugendgewalt verstärkt auf die Mitarbeit der Eltern setzen. Doch genaue Pläne fehlen.

Schüler beim Antigewalttraining Bild: DPA

Ein Schlagwort hat Ehrhart Körting bereits. "Eltern-Coaching" nannte der SPD-Innensenator am Dienstag, was dem Senat vorschwebt, um die Zahl der Gewalttaten von Kindern und Jugendlichen zu verringern. Doch was hinter diesem Slogan steckt, weiß selbst der Senator bislang nicht recht.

"Das ist noch nicht ausformuliert, wer das im Detail macht", gestand Körting bei der Vorstellung der Senatspläne ein. Bis Ende Juli sollen Innen- und Bildungsverwaltung konkrete Pläne entwickeln. Die Ressorts stehen vor der Frage: Wie verknüpfen wir bestehende Maßnahmen miteinander, um Eltern dazu zu bewegen, ihre Kinder besser vor Gewalt zu schützen?

Körting setzt dabei unter anderem auf Weiterbildungsveranstaltungen für überforderte Eltern rund ums Thema Erziehung oder den Einsatz von Dolmetschern bei Elternabenden in Kitas und Schulen. Zu den finanziellen Kosten sagte der Senator nur: "Es geht nicht um Millionenbeträge." Beispielsweise spare Übersetzerhilfe in Schulen langfristig sogar Geld, denn langfristig trage sie zur Verhinderung von Straftaten bei.

Deshalb hat der Senat nun beschlossen, die im März auslaufende Förderung der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen (BIG) zu verlängern - mit 100.000 Euro aus dem Landesetat. Unter anderem gehen BIG-Mitarbeiter in Schulen, um dort mit Eltern, Lehrern und Schülern über die Folgen häuslicher Gewalt zu sprechen. Grund der Senatsförderung ist auch die nicht ganz neue Einsicht, dass hinter rund 90 Prozent der bekannten Fälle von Gewaltkriminalität Männer stecken. Frauen seien vor allem innerhalb der eigenen Familie gewalttätig, zum Beispiel gegen ihre Kinder. Und diese Aggressivität sei in den meisten Fällen Folge zuvor selbst erfahrener Gewalt.

Was aber kann das Land Berlin tun, wenn Eltern die angebotene Hilfe nicht annehmen? Das sei "der absolute Ausnahmefall", befand Körting. Für diese Fälle droht der Senator mit der "konsequenteren" Anwendung bestehender Gesetze. Das heißt: Entzug des Sorgerechts für die Eltern und Heimeinweisung des Sprösslings.

Grundlage der neuen Senatsanstrengungen ist eine Studie der Landeskommission gegen Gewalt. Demnach begehen überproportional häufig männliche Kinder und Jugendliche aus Migrantenfamilien Rohheitsdelikte. Der Senat sehe die Ursache dafür jedoch vor allem in sozialen oder erzieherischen Problemen, sagte Körting.

Für ein weiteres Problem weiß auch der Innensenator keine Lösung: die mangelnde Kindererziehung durch die Väter. Bei Elternabenden in Schulen sei die Szenerie die gleiche wie zu seinen Zeiten, klagte der fünffache Vater: "Da saßen drei Männer - und sonst durchweg Frauen."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.