Reaktion auf Finanzkrise: Merkel droht mit Regulierung

Das US-Wirtschaftswachstum infolge der Finanzkrise ist bereits eingebrochen. Europas Spitzenpolitiker sondieren darum eine gemeinsame Linie.

Die großen EU-Staaten wollen künftig an einem Strang ziehen. Bild: dpa

BRÜSSEL taz Die US-Immobilienkrise sorgt weiter für Hiobsbotschaften: Am Mittwoch verkündete das Handelsministerium in Washington, dass das Wirtschaftswachstum der weltgrößten Volkswirtschaft bereits im vierten Quartal 2007 praktisch zum Erliegen gekommen ist: Nach einem Plus von 4,9 Prozent im dritten Quartal gab es im vierten eine Beinahe-Stagnation von 0,6 Prozent. Experten gingen davon aus, dass die Meldung den Druck auf die US-Notenbank Federal Reserve erhöhen würde, die Leitzinsen weiter zu senken.

Die Entscheidung von Fed-Chef Ben Bernanke darüber war für 20.15 Uhr mitteleuropäischer Zeit angekündigt. Sein Vorgänger Alan Greenspan - unter dessen Führung die Fed eine sehr aktive und konjunkturorientierte Zinspolitik betrieben hatte - hatte sich allerdings zuvor noch skeptisch über mögliche Effekte geäußert: "Weltwirtschaftliche Einflüsse sind heute stärker als fast alles, was die Geld- und Fiskalpolitik ihnen entgegensetzen kann", sagte er der Zeit.

Am Dienstagabend hatten die Regierungschefs von Frankreich, Italien, Deutschland und Großbritannien in London versucht, ihre finanzpolitische Linie im Vorfeld des Finanzministertreffens der sieben wichtigsten Industrienationen und Russlands (G 8) in der kommenden Woche in Japan abzustimmen. Gastgeber Gordon Brown wiederholte seine Forderung, der Internationale Währungsfonds müsse reformiert werden, um die internationalen Finanzmärkte besser überwachen zu können. Grundsätzlich "mehr Transparenz" forderte die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). "Wenn das nicht passiert, muss auch regulatorisch gehandelt werden."

Auf Drängen der kleinen EU-Länder war in letzter Minute auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso zu dem Treffen eingeladen worden. Am Mittwoch informierte dieser dann den Luxemburger Premier und Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, über die Ergebnisse. Ausgerechnet "Mister Euro", der als gewählter Sprecher den Euroraum vertritt, war nicht nach London eingeladen worden. Dafür spielte ein Regierungschef den Gastgeber, der in seinem Land den Euro gar nicht einführen will. Schon das zeigt, dass die europäischen Strukturen schlecht geeignet sind, um gemeinsam auf eine weltweite Finanzkrise zu reagieren.

Optimistisch für die europäische Wirtschaft zeigte sich aber EU-Währungskommissar Joaquim Almunia. Die Neuverschuldung gehe stetig zurück, sagte er. 16 der 27 Mitgliedstaaten hätten die vom Stabilitätspakt vorgeschriebenen mittelfristigen Ziele erfüllt und den positiven Teil des Konjunkturzyklus gut genutzt. Dadurch hätten sie mehr Spielraum, einer Rezession entgegenzuwirken.

Die Lage in Europa sei stabiler als in den USA, glaubt Almunia. "Wir haben noch Wachstumserwartungen, es gibt keine Anzeichen für eine Rezession." Die Prognose von zuletzt 2,4 Prozent werde aber im Februar voraussichtlich nach unten korrigiert.

Frankreich und Italien gehören im Gegensatz zu Deutschland nicht zu den Musterschülern. Paris wurde von der EU-Kommission aufgefordert, sein Defizit schneller abzubauen, die Strukturreformen zu beschleunigen und die öffentlichen Ausgaben zu senken. Nicolas Sarkozy will aber auf niedrigere Steuern und höhere Staatsausgaben setzen, um die Konjunktur zu stärken. Vielleicht bekommt er bald einen blauen Brief aus Brüssel.

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