Interview zu amputiertem Leichtathleten: "Eine Chance wurde verpasst"

Der amputierte Sprinter und Weitspringer Wojtek Czyz fordert eine "faire Lösung" im Fall des Südafrikaners Oscar Pistorius.

Man hätte den Vorteil ausgleichen können, meint Czyz. Bild: dpa

taz: Herr Czyz, bedauern Sie die Entscheidung des internationalen Leichtathletik-Verbandes, den unterschenkelamputierten Sprinter Oscar Pistorius nicht bei den Olympischen Spielen in Peking laufen zu lassen?

Wojtek Czyz: Was heißt bedauern? Wir haben an der Deutschen Sporthochschule in Köln einen der besten Biomechaniker

Herrn Prof. Gert-Peter Brüggemann, der laut einer Studie zum Ergebnis gekommen ist, dass der Südafrikaner Wettbewerbsvorteile durch seine Carbonprothesen hätte.

Er hat Pistorius lange untersucht. Das sind Ergebnisse, auf die man wirklich bauen kann. Ich habe immer gesagt: Wenn Oscar einen unfairen Vorteil hat, dann darf er nicht starten, aber schade finde ich es schon.

Was bedeutet das für die Zukunft des Behindertensports?

Bei einer positiven Entscheidung wären extrem viele Leute auf den Behindertensport aufmerksam geworden. Die Paralympics vier Wochen nach den Olympischen Spielen hätten viel mehr Interesse bekommen. Eine Chance wurde verpasst, denn man hätte ja auch Beschränkungen für Oscar erlassen und ihn mitlaufen lassen können. Man hätte seinen Vorteil ausgleichen können.

Das wäre recht kompliziert.

Nein, das wäre in meinen Augen eine faire Lösung. Darum geht es doch in dieser Sache. Man sollte den Vorteil durch ein Handicap aufheben. Dann könnte Oscar nach dem Fairness-Prinzip an den Start gehen. Die Leichtathletik-Funktionäre sollten sich jetzt ein paar Gedanken machen.

Ist behinderten Sportlern der Weg nach Olympia jetzt endgültig verbaut?

Ich habe mich mit Oscar unterhalten, und so wie ich ihn verstanden habe, wird er weitere Gutachten erstellen lassen. Er hat auch angedeutet, dass er alle Instanzen ausschöpfen will. Wir sind noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angekommen.

Was heißt das?

Jetzt liegt erst einmal das Ergebnis von einem anerkannten Biomechaniker vor, den ich für hoch seriös halte. Aber solange es die Möglichkeit gibt, Handicaps einzuführen, um Wettbewerbsvorteile auszugleichen, ist der Weg nicht verbaut. Ich würde es mir einfach wünschen.

Pistorius hat weiterhin die Möglichkeit, bei Grand-Prix-Veranstaltungen zu starten.

Ja, wenn er eingeladen wird. Beim Meeting in Rom ist er im B-Lauf Zweiter geworden.

In respektablen 46,34 Sekunden.

So eine Zeit würde ich nie schaffen. Aber es sind nicht die Prothesen, die ihn und mich schnell machen, sondern der Wille macht uns schnell. Ich trage die gleichen Prothesen und weiß, was es heißt, mit so einem Ding zu arbeiten. Ohne Training ist man nicht schnell. Wir sind Leistungssportler.

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