Hindernis in Dresden: Buche statt Brücke

Für die kolossale Waldschlösschenbrücke versuchen Bauarbeiter seit Wochen einen alten Baum zu fällen. Sie scheitern allerdings regelmäßig am Widerstand der Dresdener.

Hartnäckig: Protestlager im Wipfel. Bild: ap

DRESDEN taz Das Baumfällkommando rückte unverrichteter Dinge vom Bauplatz der umstrittenen Dresdner Waldschlösschenbrücke ab. Unter dem Applaus von etwa 300 Demonstranten. Eine imposante, sehr alte Buche, deren Erhalt sie forderten, bekam am Donnerstagvormittag von der städtischen Bauleitung noch eine Schonfrist. Sie steht einer der riesigen Zufahrtsrampen im Weg und sollte gestern gefällt werden.

Seit vier Wochen haben sich deshalb bis zu 20 Umweltschützer von "Robin Wood" auf dem Baum eingenistet. Die fast 300 Jahre alte Buche soll jedoch zu einem nicht mehr angekündigten Termin in den nächsten Tagen gefällt werden, sagte Stadtsprecher Kai Schulz. Ohne Widerstand passiert das sicherlich nicht. Nach der Fällung von bereits 170 Bäumen ist die Buche zu einem Symbol des Widerstands gegen den Brückenkoloss geworden. Ähnliche Aktionen hatte es bereits im Dezember wegen der Beseitigung einer Allee von 22 alten Eichen gegeben. Demonstranten und Besetzer wollen sich weiterhin rund um die Uhr einer Fällung der Buche widersetzen. Im Ernstfall rechne man aber erfahrungsgemäß mit einem "professionellen Verhalten" der Baumbesetzer, sagte ein Polizeisprecher. Beide Seiten wollten Gewalt vermeiden.

Der Widerstand gegen die Naturzerstörung im 2004 zum Unesco-Welterbe erklärten Dresdner Elbtal ist nur ein Teil der gegenwärtigen Versuche zur Schadensbegrenzung. Nachdem das Sächsische Oberverwaltungsgericht einen Baustopp aufgehoben hatte, begannen am 19. November die Bauarbeiten. Damit wird die bereits angedrohte Aberkennung des Welterbetitels durch die Unesco im Sommer dieses Jahres immer wahrscheinlicher, zumal erste Zerstörungen durch die Brücke bereits jetzt sichtbar sind.

Eine Kommission unter Leitung des ehemaligen Frauenkirchen-Baudirektors Eberhard Burger versucht deshalb, mit kosmetischen Detailverbesserungen an der monströsen Brücke die Unesco gnädig zu stimmen. Diese Aktivitäten gehen wiederum auf ein Gespräch von Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) mit Kulturleuten und Bürgern der Stadt im September zurück. Milbradt hatte lange einen solchen Dialog verweigert und gilt den Welterbeverteidigern nach wie vor als der oberste Brückensünder. Der neue Staatskanzleichef und frühere Regierungssprecher Michael Sagurna (CDU) erwartet aber einen Kompromiss, "weil auch die Unesco ihr Gesicht wahren muss".

Als einen solchen Kompromiss sieht eine Mehrheit der Dresdner die lange unterdrückte Tunnellösung an. 20.000 Unterschriften dafür wurden bereits gesammelt, in Kürze soll ein Bürgerbegehren starten. Wie wenig jedoch das aufsichtsführende Regierungspräsidium noch zu Korrekturen bereit ist, zeigt das Beispiel der Buche. Sie und andere Bäume könnten gerettet werden, wenn der von längst überholtem Denken bestimmte "Planungsfehler" - so der frühere Stadtplaner Michael Kaiser - korrigiert würde. Dazu genügte allerdings auch eine Reduzierung der gigantischen Brückenzufahrt von 7 auf 5 Spuren.

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