Audio-Geschäft im Internet: Online-Musik wird immer legaler

Mit Sony BMG hat sich der bereits vierte große Konzern dazu entschlossen, mit dem Absatz kopierschutzfreier Musik zu beginnen. Der Songverkäufer Napster stellt derweil ganz auf MP3 um.

Bietet bald online kopierschutzfreie Songs an: Der Plattenkonzern Sony BMG Bild: dpa

Der Musikkonzern Sony BMG hat angekündigt, mit dem Verkauf kopierschutzfreier Songs aus dem Internet zu beginnen. Der große Vorteil dabei: Solche Titel im weit verbreiteten MP3-Format sind auf nahezu jedem Gerät abspielbar und lassen sich problemlos handhaben - ganz im Gegensatz zu den bisherigen Stücken, deren "digitales Rechtemanagement" zu Kompatibilitätsproblemen führten und viele Nutzer zur Verzweiflung trieben.

Ganz einfach wird der kopierschutzfreie Musikeinkauf bei dem deutsch-japanischen Konzern allerdings nicht: Sony BMG setzt vorerst auf den Absatz von Gutscheinkarten, die es ab dem Frühjahr in 4500 Läden in Kanada und den USA geben wird. Darauf befindet sich ein Rubbelcode, mit dem man auf einer Website aus zunächst 37 Alben populärer Künstler von Pink über Bob Dylan bis zu Elvis die gewünschten Titel aussuchen kann. Der Preis liegt mit 13 Dollar etwa auf dem Niveau einer US-CD. Experten erwarten allerdings, das Sony BMG in absehbarer Zeit den Musikvertrieb ungeschützter Werke auch direkt über Internet-Shops zulassen wird, wie dies die Konkurrenz seit einiger Zeit tut.

Vor Sony BMG waren auch die anderen Top-4-Labels der Welt dazu übergegangen, erste Teile ihres Repertoires kopierschutzfrei anzubieten - nach EMI und Universal folgte zuletzt Warner Music Ende Dezember. Allerdings werden die Songs nicht in allen Ländern in diesen Formaten angeboten. Die Vorreiterrolle nehmen einmal mehr die USA ein, wo der E-Commerce-Riese Amazon einen großen MP3-Downloadshop gestartet hat. Erster im Bunde war Apple mit seinem iTunes-Laden, wo Musik von EMI seit Mai abgesetzt wird - zunächst etwas teurer als kopiergeschützte Songs, inzwischen zum gleichen Preis.

Ein Umschwung ist auch bei den anderen Download-Shops festzustellen. Napster 2.0, die Reinkarnation des gleichnamigen illegalen Angebotes aus "New Economy"-Zeiten, setzt ab April ebenfalls auf MP3-Dateien, was findige Journalisten zu Schlagzeilen wie "Napster wird wieder zu Napster" inspirierte. (Allerdings muss die Musik nach wir vor selbstverständlich bezahlt werden.) Was der Umschwung auf MP3 für einen ebenfalls von Napster angebotenen Abo-Musikdienst bedeutet, der stark auf Kopierschutztechnologien setzt, blieb zunächst unklar.

Im digitalen Video-Geschäft, dem insbesondere online in den nächsten Monaten enorme Wachstumsraten vorausgesagt werden, sieht die Lage allerdings noch immer ganz anders aus. Bei hochauflösenden Datenträgern wie Blu-ray oder HD-DVD wurde die gesamte Technologie von vorne herein auf gut geschützte Kopierschutzverfahren abgestimmt, die sogar den Datenverkehr zwischen Laufwerk und Anzeigegerät verschlüsseln. Das heißt: Bei Verdacht auf Raubkopien kann ein Abspieler sogar die Auflösung ins Pixelige herunterschrauben.

Bei über das Internet direkt verkauften Filmen, die derzeit hauptsächlich mit Microsoft- oder Apple-Verfahren kopiergeschützt werden, muss der Nutzer ebenfalls durch allerlei Feuerreifen springen, bis der grenzenlose Videogenuss erreicht ist. Dazu gehören Passwörter und komplizierte Verfahren zur so genannten "Authentifizierung". Schlimmer noch: Sollte die Festplatte unbrauchbar werden, lassen sich einmal gekaufte Filme oft nicht mehr wiederbeschaffen. Probleme kann es auch beim Verschieben von Dateien auf den neuen Rechner oder das Upgrade eines alten Schätzchens geben: Plötzlich erkennt der Kopierschutz dann den Nutzercomputer nicht mehr als für das Abspielen legitimiert an, was lange Gespräche mit der Hotline (sollte es eine geben) zur Folge hat.

Geholfen hat dieser Hype ums "digitale Rechtemanagement" den Bewegtbildproduzenten im übrigen genauso wenig wie der Musikindustrie. Es gibt kein Kopierschutzformat, das nicht auf die ein oder andere Art geknackt wurde. Im Internet floriert weiter fröhlich der Dateitausch, die Einschränkungen greifen nicht. Schlimmer noch: Es wirkt bis dato für viele Nutzer einfacher, an Filmraubkopien zu gelangen, als an legales Material. Dementsprechend könnte es gut sein, meinen Beobachter, dass auch Hollywood eines Tages mehr Vertrauen in seine Kundschaft entwickelt und Filme kopierschutzfrei ausliefert. Die Musikindustrie hat den Meinungsumschwung vorgelebt und scheint damit einen Nerv getroffen zu haben: Die ungeschützten Songs verkaufen sich gut.

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