Sinn der Licht-Kampagne: "Wir brauchen mehr Konfrontation"

Die Umweltverbände sind zu staatstragend, meint Aktivist Jochen Stay. Mit BMW könne man nicht zusammenarbeiten.

Die traditionelle Glühbirne muss ausgewechselt werden, aber das kann doch in Punkto Engagement nicht alles sein. Bild: dpa

taz: Herr Stay, ist bei Ihnen morgen Abend das Licht an oder aus?

Jochen Stay: Ich bin gar nicht zuhause. Das ist mir auch egal. Ob fünf Minuten Licht an oder Licht aus, ist nicht wesentlich.

JOCHEN STAY, 42, ist Sprecher von X-tausendmal quer. Für die Bewegungsstiftung erforscht er Ökostrategien.

Den Umweltverbänden scheint es nicht egal zu sein. Die einen machen mit Bild das "Licht aus", die anderen werben mit der taz für "Licht an - aber richtig". Ist das eine Spaltung?

So verschieden sind die beiden Kampagnen doch gar nicht. Auch die "Licht an"-Aktion zielt ja vor allem darauf ab, dass der Einzelne mehr tun kann, als nur fünf Minuten das Licht auszuschalten. Sparlampen und Ökostrom sind wichtig, aber dabei darf es nicht stehen bleiben. In der Mobilisierung für den Klimaschutz brauchen wir mehr Konfrontation.

Konfrontation mit wem?

Mit der Autoindustrie zum Beispiel. Am Samstag machen BMW, Porsche und Daimler bei "Licht aus" mit, an allen anderen Tagen machen sie in Berlin und Brüssel Lobbyarbeit gegen die CO2-Grenzwerte für Neuwagen. Das ist doch lächerlich. Ich erwarte von Greenpeace und den anderen, dass sie sich nicht mit denen gemein machen. Mir ist das viel zu staatstragend und seriös daher und zu wenig kämpferisch.

Die Licht-Kampagnen sind vielleicht nicht besonders kritisch, aber immerhin machen mehr Menschen mit als bei einer Bauplatzbesetzung.

Aber wofür? Wenn die Umweltverbände weiter so brav daherkommen, denkt die Bevölkerung doch, dass alles in bester Ordnung ist. Dabei verschonen die Klimapläne der Bundesregierung die stärksten Lobbygruppen. Politik und Industrie lassen sich weder von "Licht aus" noch von "Licht an" beeindrucken.

Sondern?

Von direkter Konfrontation. Da kann die entstehende Klimabewegung so einiges von der Anti-Atom-Mobilisierung lernen. Wenn die Energiekonzerne neue Kohlekraftwerke bauen, kann man die Bauplätze besetzen. Wenn die Autoindustrie schwere Spritfresser produziert, kann man die Züge mit den Zulieferteilen blockieren. Dass so etwas die Produktion lahmlegen kann, hat der Lokführerstreik gezeigt. In den Umweltverbänden gibt es zahlreiche Experten, aber inzwischen fehlen die Leute, die Protest und Widerstand organisieren.

Was kann Konfrontation, was Aufklärung nicht kann?

Eine Bauplatzbesetzung wird natürlich irgendwann von der Polizei geräumt. Aber wenn die Konfrontation öffentlich ausgetragen wird, zeigt das der Gesellschaft, wo die Interessen liegen. Zugespitzte gewaltfreie Aktionen können politischen Druck mobilisieren. Warum sonst hat Greenpeace sich früher zwischen Harpune und Wal geworfen?

INTERVIEW: NIKOLAI FICHTNER

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