Kommentar Tagesmütter: Radikal neues Berufsbild

In der Kinderbetreuung wird künftig stärker auf Tagesmütter gesetzt. Das ist nicht ohne Risiko. Vor allem dürfen sie nicht die Billigvariante zur Kita werden.

Sie sollen ein wichtiger Bestandteil sein beim Ausbau der Kinderbetreuung: Tagesmütter. Allerorts sollen sie künftig ihre Dienste anbieten. Jeder dritte neue Platz für Ein- und Zweijährige wird in der Tagespflege entstehen. Nun diskutieren die Länder-Finanzminister, wie Tagesmütter angemessen zu versichern und besteuern sind. Damit aber streifen sie nur die Oberfläche eines tiefgreifenden Problems: Das Berufsbild der Tagesmutter muss sich radikal wandeln.

Es ist risikoreich, beim Ausbau der Kinderbetreuung derart stark auf Tagesmütter zu setzen. Weit mehr als in einer Kita sind die Kinder einer einzelnen Person ausgeliefert - die liebevoll und kundig, aber auch gelangweilt oder überfordert sein kann. Auch dem Ziel, herkunftsbedingte Nachteile zu mindern, wird keineswegs jede Tagesmütter gerecht. Nur etwa ein Drittel der Frauen verfügen über eine Fachausbildung. So besteht die Gefahr, dass sich die Kluft noch vertieft: Eltern, die ohnehin bildungsbeflissen sind, wählen sorgsam eine hoch qualifizierte Tagesmutter aus. Und jene Eltern, die ihre Kinder ohnehin wenig fördern, schicken sie zur nächstbesten Betreuerin.

Das heißt nicht, dass es überhaupt keine Tagesmütter mehr geben sollte. Gerade in dünn besiedelten Gebieten bieten sie oft die einzige Lösung. Und besonders bei Kleinkindern ziehen viele Eltern eine Tagesmutter der Kita vor. Es bedeutet aber, dass wir radikal umdenken müssen. Tagesmütter dürfen nicht missbraucht werden als Billigvariante zur Kita, als die sie derzeit gerne gelten - weil sie die Kleinen zu Niedrigstlöhnen im heimischen Wohnzimmer betreuen.

Nur wer Tagesmütter angemessen bezahlt, kann von ihnen frühpädagogische Vorbildung verlangen. Nur wenn der Stundensatz stimmt, ist der Tagespflegejob für Frauen und Männer attraktiv, die sonst auch anderswo einen Job bekämen. Und nur dann findet man die Fachkräfte, die in der Lage sind, ein vernachlässigtes Kind angemessen zu fördern. Das ist zwar teuer, aber es ist der einzige Weg, Kindern ihr Recht auf eine gute Tagespflege zu sichern.

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