Kommentar Streik in Frankreich: Spiel mit hohem Einsatz

Sarkozy sucht die Konfrontation mit den Streikenden - und zählt darauf, dass die schweigende Mehrheit ihn schon unterstützen wird.

Nicolas Sarkozy hat die Konfrontation, die er gesucht hat. Schon als Innenminister fachte er die Unruhen in der Banlieue mit pauschalen Beleidigungen und Anschuldigungen gegen die Opfer an. Anschließend nutzte er die Brände, um für seine Sicherheitspolitik zu werben. Dieses Mal versucht er, diese Taktik auf die Gewerkschaften anzuwenden. Mit seiner "Reform-Politik", bei der alle wesentlichen Linien bereits feststehen und Verhandlungen auf kosmetische Accessoires beschränkt bleiben, treibt er sie in einen Streik, den außer ihm niemand gesucht hat.

Unterstützung für sein Vorgehen sucht Sarkozy heute - wie schon vor zwei Jahren - bei der schweigenden Mehrheit. Dieses Mal spricht er von angeblichen Privilegien, den Korporatismus und den Konservatismus der Nutznießer von Sonderregelungen. Zusätzlich nimmt Sarkozy die EU als Geisel. Ohne die Reformen, sagt er, könne Frankreich seine öffentlichen Finanzen nicht sanieren.

Noch sieht es in Frankreich so aus, als wären die Streikenden isoliert. Dafür sorgen die massive Mehrheit, die schwache linke Opposition und die Sarkozy freundlich gesinnten Medien. Doch ein Streik entwickelt oft eine Eigendynamik. Und manchmal kann er sogar ideologische Gewissheiten und Barrieren zu Fall bringen. Das hat der Herbststreik von 1995 gezeigt. Damals entstanden auch die Fundamente für die linken Netzwerke, die sieben Jahre später, beim Referendum über die EU-Verfassung, zum "Non" geführt haben.

Natürlich ist 2007 anders als 1995. Vor zwölf Jahren waren die Gewerkschaften in Frankreich stärker, der Staatspräsident schwächer und die politische Opposition offensiver. Dennoch jongliert Sarkozy mit vielen Unwägbarkeiten. Da sind nicht nur die Kommunalwahlen im kommenden März, bei denen zahlreiche Abgeordnete auch seiner eigenen Partei um ihr politisches Überleben bangen müssen. Sondern auch Sarkozys persönlicher Stil, bei dem er Frankreich wie ein mittelständisches Unternehmen verwaltet. Es ist sein hoher persönlicher Einsatz, der Sarkozy noch teuer zu stehen kommen könnte.

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