Reaktionen auf Münteferings Rücktritt: "Letzter Dienst für die Koalition"

Bütikofer bedauert den Rücktritt Münteferings. Die Begründung mit persönlichen Gründen lese sich wie ein letzter Gefallen für seine Kollegen. Auch andere Politiker zollen Respekt.

Nur Gutes über Müntefering: Der Grüne Bütikofer (im Hintergrund). Bild: dpa

BERLIN dpa/ap Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat den Rücktritt von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) bedauert. "Ich habe Respekt und Hochachtung vor der persönlichen Entscheidung Franz Münteferings", sagte Koch am Dienstag. In vielen Verhandlungen habe er den Bundesarbeitsminister als außerordentlich kompetent kennengelernt. "Und auch wenn die letzten Wochen für ihn persönlich und politisch schwierig waren, war er stets ein Eckpfeiler der Koalition", sagte Koch: "Es ist jetzt Sache der SPD, die Nachfolge so zu regeln, dass die Regierung stabil ihre Arbeit fortsetzen kann."

Über Koalitionsrunden:

"Es war überwiegend mitteleuropäisch zivilisiert."(19.6.07)

Über die Frage, ob die Mindestlöhne zum "Casus Belli" würden:

"Ich kann Latein nur aus meiner Zeit als Messdiener, und da kam 'Casus Belli' nicht vor." (26.4.07)

Über die Rolle der SPD in der Großen Koalition:

"Die Sozialdemokratie darf in dieser Regierung nicht der Rotkreuzwagen sein, der die Schwachen aufsammelt und der verhindert, dass die Schwarzen irgendwas Schlimmes machen." (18.3.06)

Über die Große Koalition an sich:

"Das ist eine Lebensabschnitts- partnerschaft, die wir jetzt machen." (12.11.05)

Über Abschiede von Ämtern:

"Ich habe eins versprochen: Ich schreibe nie ein Buch. Ich halte nichts von diesen psychopathologischen Bemühungen, alles aufzuschreiben und aufzuarbeiten." (12.11.05, anläßlich seines Rücktritts vom Parteivorsitz)

Über den Parteivorsitz der SPD:

"Das ist das schönste Amt neben dem Papst." (6.2.05)

Über das Rauchverbot:

"Ungerecht finde ich, nachdem ich so lange gewartet habe, erst mit 56 angefangen habe zu Rauchen, mich daran gewöhnt habe - und jetzt soll es verboten werden." (18.2.07)

Nach Einschätzung der Grünen markiert der Rückzug Münteferings einen tiefen Einschnitt. "Er wird in der Regierung und in der SPD nicht so leicht zu ersetzen sein", sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer. "Franz Müntefering war eine der entscheidenden Stützen dieser Regierung, er war aber zuletzt erkennbar politisch angeschlagen."

Die Nennung familiärer Gründe "lässt sich auch als letzter Dienst für die große Koalition lesen, für die er sich so eingesetzt hat", sagte Bütikofer. Auf der Hand liege, dass Müntefering "über die Hartleibigkeit der Kanzlerin und ihren Wortbruch in Sachen Mindestlohn" tief enttäuscht gewesen sei, sagte er mit Blick auf die skeptische Haltung von Angela Merkel (CDU) zu dieser SPD-Forderung.

Man könne nur spekulieren, ob Müntefering auch zurückgetreten wäre, "wenn die Union den versprochenen Mindestlohn bei der Post nicht hintertrieben hätte", sagte Bütikofer. Union und SPD hatten in der Nacht zu Dienstag bei einem Treffen der Koalitionsspitzen keine Einigung über einen Mindestlohn für die Postbranche erzielt.

Zur Zeit der rot-grünen Koalition sei Müntefering "ein manchmal harter, aber stets verlässlicher Partner" gewesen. "Seine politische Leistung, nicht nur für die SPD sondern auch für das Land, fordert Respekt ab", sagte Bütikofer. "Ohne sein großes Engagement wären viele rot-grüne Reformen nicht zustande gekommen."

Der Links-Fraktionsvorsitzende Oskar Lafontaine sagte, Müntefering habe den Mindestlohn bei der Post durchsetzen wollen. "Er ist mit diesem Vorhaben gescheitert und hat daraus die politischen Konsequenzen gezogen." Vor diesem Hintergrund verdiene Münteferings Entscheidung Respekt, sagte Lafontaine.

DGB-Chef Michael Sommer hat den Rücktritt bedauert. "Wir haben nicht immer gut zusammengearbeitet, aber in vielen, vielen Fällen sehr vertrauensvoll", sagte Sommer. Er könne Münteferings persönliche Gründe gut nachvollziehen und hoffe, dass sein Nachfolger in vielen Bereichen in seine Fußstapfen treten werde. Schließlich habe Müntefering das Thema Mindestlöhne maßgeblich mit angestoßen. "Er ist ein Mensch, der für seine politischen Überzeugungen steht, der nicht wackelt. Die Leute wussten, woran sie bei ihm waren."

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bedauert den Verlust ihres Vizekanzlers. "Müntefering war ein Stabilisator. Er stand für Vernunft in der SPD", sagte die CDU-Vorsitzende nach Teilnehmerangaben in der CDU/CSU-Fraktion in Berlin. "Er war ein politisches Schwergewicht, und ich habe gut ihm zusammengearbeitet." Sie finde den Schritt Münteferings bedauerlich, aber die persönlichen Gründe für seinen Rücktritt sehr einleuchtend.

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