Nordsee-Sturmflut: Helgoland ein Stück kleiner gemacht

Am Freitag tobten Stürme mit einer Geschwindigkeit von über 100 Stundenkilometer über die Nordsee. Besonders hart wurde Helgoland getroffen. Dort gab es massive Dünenabbrüche.

Auf Helgoland bleibt man derzeit lieber im Haus bei nem Grog Bild: dpa

EMDEN/HAMBURG dpa/taz Die erste schwere Sturmflut der Nordsee in diesem Herbst hat am Freitag die Menschen an der Küste in Atem gehalten. Auf der einzigen deutschen Hochseeinsel Helgoland gab es eine Spur der Verwüstung. Bürgermeister Frank Botter ging von einem Millionenschaden aus. "So wie es aussieht, sind am Nordstrand der Düne Hunderttausende Kubikmeter Sand vom Wasser weggerissen worden." Auch von den niedersächsischen Inseln wurden Dünenabbrüche gemeldet. Insgesamt waren die Schäden jedoch geringer als befürchtet.

Auch bei anderen Nordseeanrainern sorgte die Sturmflut für massive Sicherheitsvorkehrungen. Der größte Hafen Europas in Rotterdam war nahezu dicht, vor Norwegen wurde die Ölförderung gestoppt, und in England saßen tausende Menschen eine Nacht lang in Notunterkünften.

Bei dem heftigen Sturm peitschten die Winde über der Nordsee mit Geschwindigkeiten teils weit über 100 Stundenkilometern. Bei starken Regen wurden auf den Halligen Geschwindigkeiten bis zu 140 Stundenkilometer registriert. An den Inseln und an der Küste wurden Wasserstände bis weit über zwei Meter über dem mittleren Hochwasser gemessen, in Emden, Bremerhaven, Wilhelmshaven und Hamburg sogar über drei Meter. Meldungen über Verletzte gab es zunächst nicht.

Fast überall zeigten sich die Menschen jedoch meist gelassen. "Für Hamburg ist das weitgehend glimpflich verlaufen", berichtete ein Feuerwehrsprecher. "Hier wackelt es nicht mehr als sonst bei Sturm", sagte der Geschäftsführer der Nordseebad Spiekeroog GmbH, Thomas Doellinger. "Es war zwar schon die Kategorie schwere Sturmflut, aber nicht von der ganz schlimmen Sorte", bestätigte die Sprecherin des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Herma Heyken.

Die Fährverbindungen zwischen der Küste und den Inseln mussten am Freitag wegen des Unwetters vorübergehend eingestellt werden. Bei schwerer See verlor eine Containerschiff auf dem Weg von Hamburg nach Le Havre (Frankreich) in der Nordsee 45 leere Container. Fluttore und Sperrwerke wurden geschlossen, um Überschwemmungen im Hinterland zu verhindern. Im Hamburger Hafen mussten Einsatzkräfte losgerissene Kleinschiffe und Schuten sichern. In Bremerhaven versanken Autos fast in den Fluten. Binnen Minuten standen die Fahrzeuge bis zu den Außenspiegeln im Wasser.

Auf den niedersächsischen Nordseeinseln Juist, Langeoog, Spiekeroog und auf Wangerooge kam es nach Angaben des NLWKN teilweise zu erheblichen Dünenabbrüchen. "An diesen neuralgischen Punkten haben wir Dünenabbrüche erwartet", hieß es. Beziffern ließe sich der Schaden noch nicht. 2007 waren zum Schutz der Küsten auf den Inseln acht Millionen Euro investiert worden.

Die Deutsche Bucht ist nach Ansicht des Leiters des Sturmflutwarndienstes beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Sylvin Müller-Navarra, das am stärksten von Sturmfluten bedrohte Gebiet weltweit. "Durch die Geografie der Nordseeküste und den Trichtereffekt der Elbmündung tritt dieses Phänomen hier häufiger auf", sagte er am Freitag. Zudem biete das Wattenmeer mit sehr geringen Wassertiefen dem Wind viel Angriffsfläche. Es könne sich keine so starke Ausweichströmung am Meeresboden bilden.

Doch nicht nur in Deutschland, sondern auch andernorts drohte Gefahr durch Sturm und Flut. Tausende Menschen im Osten Englands wurden nur knapp von schweren Überschwemmungen verschont. Am Morgen stiegen die Pegelstände der Nordsee durch den Sturm zwar gefährlich an, doch blieben sie unter dem Niveau der Schutzwälle.

Die Niederlande hatten erstmals überhaupt das 1997 fertiggestellte Sturmflutwehr vor dem Rotterdamer Hafen wegen des hohen Wasserstandes geschlossen. Die beiden je 210 Meter langen getrennten Flügel des riesigen Bauwerks wurden um Mitternacht in den Schifffahrtsweg geschwenkt.

Der Orkan hatte auch Teile der norwegischen Öl- und Gasförderung lahmgelegt. Der Rundfunk in Oslo berichtete, die Produktion sei eingestellt worden, um die Plattformen auf See bei Gefahr zu evakuieren.

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