Vorgezogene Neuwahlen in Georgien: Die Manöver des Rosenrevolutionärs

Mit der Ankündigung vorgezogener Neuwahlen hat Georgiens Präsident Michail Saakaschwili die politische Krise entschärft. Die Opposition feiert schon den Sieg - womöglich aber zu früh.

Derzeit in der Defensive, aber noch lange nicht abgewählt: Präsident Saakaschwili. Bild: dpa

MOSKAU taz Nachdem Georgiens Präsident Michail Saakaschwili noch am Donnerstagabend überraschend vorgezogene Neuwahlen für den 5. Januar ankündigt hat, ist die politische Krise im Land zunächst entschärft. "Ich mache dies, um der ganzen Welt zu zeigen, dass Georgien eine starke Demokratie ist", sagte ein schwer angeschlagener Saakaschwili. Laut Verfassung muss der bedrängte Rosenrevolutionär und Wahlkämpfer nun am 22. November aus dem Amt scheiden. Trotz der Entspannung bestätigte das Parlament gestern den Ausnahmezustand für die Dauer von 15 Tagen. Begründung: Bedrohung georgischer Sicherheitsinteressen durch Russland.

Ob sich der Präsident dem Druck der Straße beugte oder dem Zureden der Schutzmacht USA nachgab, die einen erheblichen Teil des georgischen Haushalts finanziert, ist nicht ganz klar. Exaußenministerin Salome Surabschwili spricht von einer "entscheidenden Rolle der internationalen Gemeinschaft" bei der Lösung des Konflikts. Ausschlaggebend soll jedoch die Kritik aus dem Nato-Stabsquartier gewesen sein, die den Ausnahmezustand und das Vorgehen gegen die Medien als "besonders besorgniserregend und nicht im Einklang mit euroatlantischen Werten" verurteilt hatte.

Unterdessen feiert die Opposition den bevorstehenden Urnengang schon wie einen vorgezogenen Erfolg bei den Präsidentschaftswahlen. "Dies ist ein Sieg des Volkes. Es ist absolut unvorstellbar, dass Saakaschwili noch einmal wiedergewählt wird", triumphierte der Abgeordnete Giorgi Tsagareischwili von der "Bewegung für ein vereinigtes Georgien". Bis zum 22. November will auch das heterogene Oppositionsbündnis einen gemeinsamen Kandidaten küren.

Mit der Vorverlegung der Wahlen ist Saakaschwili jedoch ein wichtiges taktisches Manöver geglückt. Zwar glaubt die Opposition, der Präsident habe klein beigegeben. Doch die "Kapitulation" könnte sich bei den Wahlen als Stärke erweisen. Immerhin hat er eingelenkt, das Ansehen des Staats gerettet - und stellt sich in Neuwahlen, die sauber verlaufen dürften.

Saakaschwili nannte seine Entscheidung einen "Kompromiss". Tatsächlich eröffnet ihm dieser Schritt die Chance, ins Amt zurückzukehren. Auch wenn der Präsident sich in den Augen vieler Georgier durch den Einsatz von Gewalt disqualifiziert hat, eine Mehrheit der Wähler in den Regionen dürfte trotz allem noch hinter ihm stehen.

Denn die oppositionelle Allianz, der nationalistische, linkspopulistische, konservative und liberale Kräfte angehören, verfügt über keine charismatischen Führungsfiguren. Und selbst wenn es die gäbe, fiele es den Parteien schwer, sich auf einen Kandidaten aus ihrer Mitte zu einigen, der auch bei allen oppositionell gestimmten Wählern auf Zuspruch stößt. Die Heterogenität der lockeren Koalition lässt sogar befürchten, dass sie den Stichtag der Wahlen nicht mehr erlebt. Leichte Risse taten sich bereits gestern auf. Während ein Teil der Oppositionellen vor Gesprächen mit der Regierung die Aufhebung des Ausnahmezustands forderte, erklärten sich andere ohne Vorleistungen dialogbereit.

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