Sturmflut erreicht Nordseeküste: "Dünen werden angeknabbert"

In England und Belgien gab es Flutwarnungen und Evakuierungen - jetzt erreicht die Sturmflut die deutsche Nordseeküste. Dort ist man zwar vorbereitet - erwartet aber Deichschäden

Ostengland kann aufatmen. Jetzt kommt der Sturm zu uns. Bild: dpa

HAMBURG/ROTTERDAM afp/taz Nach England und den Niederlanden hat die schwere Sturmflut die deutsche Nordseeküste erreicht. Auf der Insel Borkum sei die Flut am Vormittag 2,48 Meter höher aufgelaufen als normal, sagte eine Sprecherin des Niedersächsischen Küstenschutzes. In Emden und Cuxhaven wurden für den Mittag Wasserstände von drei Metern und mehr über dem mittleren Hochwasser erwartet, in Hamburg sagte das Bundesamt für Seeschifffahrt für den Nachmittag bis zu dreieinhalb Meter erhöhte Wasserstände voraus. Im Osten Englands entspannte sich die Lage; die Auswirkungen des Sturms waren offenbar geringer als befürchtet.

Die deutsche Nordseeküste hatte sich bereits auf das Eintreffen der Sturmflut vorbereitet. So seien die Küstenschutz-Mitarbeiter auf den Inseln in Alarmbereitschaft versetzt, Deichtore und Sperrwerke - etwa das in der Ems bei Gandersum - geschlossen worden. Die Deichwachen seien alarmiert, "ansonsten können wir nur abwarten", sagte die Sprecherin des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz in Norden. Vermutlich würden die Dünen auf den ostfriesischen Inseln Langeoog und Juist "ordentlich angeknabbert werden", sagte die Sprecherin. Am Nachmittag lasse sich eine erste Einschätzung über die Flutschäden geben.

Der Deutsche Wetterdienst gab für die Küste von Westerland auf Sylt bis Wilhelmshaven eine Unwetterwarnung heraus, nachdem eine bereits für die Nacht befürchtete Sturmflut ausgeblieben war. Sturmtief "Tilo" erreichte demnach mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 130 Stundenkilometern die deutsche Nordseeküste. Der Wetterdienst rechnete den gesamten Tag über mit Orkanböen in Norddeutschland, die auch die Ostseeküste erreichen und erst in der Nacht nachlassen sollten.

Etwa 500 Menschen waren am Freitagmorgen an der englischen Ostküste aus ihren Häusern in Sicherheit gebracht worden. Sie hatten die Nacht zum Freitag in Notunterkünften verbracht, andere waren in die oberen Stockwerke ihrer Häuser gezogen. Als am stärksten betroffen galt am Freitag die Stadt Great Yarmouth in Norfolk, wo mehrere Straßen überflutet waren. Berichte von überschwemmten Häusern gebe es aber bislang nicht, sagte ein Sprecher der britischen Umweltbehörde, nachdem die Wasserstände um 8 Uhr Ortszeit ihren höchsten Stand erreicht hatten. Premierminister Gordon Brown kündigte nach einer Sitzung des Krisenstabs Cobra in London Hilfe für von der Flut betroffene Gemeinden an.

Der größte Hafen Europas im niederländischen Rotterdam war seit dem späten Donnerstagabend vollständig gesperrt. Bis Freitagmittag sollte das große Maeslant-Flutwehr vor dem Hafen noch geschlossen bleiben. Erstmals wurden alle Sperrwerke des Landes gleichzeitig geschlossen und die Deichüberwachung entlang der gesamten Küste alarmiert. Schäden wurden zunächst nicht gemeldet. Der Pegel der Nordsee erreichte vor dem Hafen von Rotterdam einen Stand von 2,84 Meter über Normalnull, im Norden der Niederlande wurde mit 3,43 Metern der Höchststand erreicht. Ein Drittel des niederländischen Staatsgebietes liegt unterhalb des Meeresspiegels. Auf dieser Fläche leben zwei Drittel der Bevölkerung.

In Belgien löste der Sturm über der Nordsee einen Stau vor dem Hafen von Antwerpen aus. Zehn Schiffe drängten sich am Freitagmorgen an der Zufahrt zum Hafen, um hinein- oder hinauszufahren, wie ein Sprecher der Hafenbehörde mitteilte. Der Grund sei, dass die Lotsen seit Donnerstagabend wegen des Sturms nicht mit Booten, sondern nur per Hubschrauber zu den Schiffen gebracht werden könnten.

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