Der 100-Dollar-Laptop: Massenproduktion in China gestartet

Das "One Laptop Per Child"-Projekt kommt endlich in Gang: In China beginnt in dieser Woche die Serienherstellung. Kinder in Uruguay, Peru und in der Mongolei sollen als erste profitieren.

Hält 45 Grad Außentemperatur aus: Der XO-Laptop aus chinesischer Niedriglohnproduktion. Bild: dpa

Es war eine schwere Geburt: Nicht ganz drei Jahre nach seiner Gründung wird das Großprojekt, mit dem kostengünstige Computer an Kinder in Entwicklungs- und Schwellenländern verteilt werden sollen, endlich realisiert. Im chinesischen Changshu ließ die "One Laptop Per Child"-Initiative (OLPC) die Massenproduktion des Gerätes starten, das offiziell den Namen "XO-Laptop" trägt. Nicholas Negroponte, Digitalvisionär, Gründer des MIT Medialab und führender Kopf des OLPC-Projektes, konnte seine Freude kaum unterdrücken.

Ursprünglich sollten längst mehrere Millionen Stück der grün-weißen Maschinen vom Band gelaufen sein, doch Rückschläge vor allem bei den Bestellungen haben dies bisher verhindert. Nun will das OLPC-Projekt noch bis zum Jahresende 250.000 Exemplare des Rechners produzieren. 2008 soll die Produktionszahl von einer Million erreicht werden, die dann in den nächsten Jahren gar für jeden Monat angestrebt wird. Die Maschine, die ursprünglich 100 Dollar kosten soll, wird nun für 188 Dollar an Schulbehörden verkauft. Zu Preisreduktionen könnte es aber kommen, wenn die Massenproduktion anhält und sich später weiter steigert.

Hersteller des XO ist der OEM-Fabrikant Quanta Computer, der sonst für große japanische und amerikanische Konzerne im Westen entwickelte Markenware kostengünstig vor allem in China produziert. Anders ist das auch beim "Laptop für den Frieden", wie Beobachter das Projekt zwischenzeitlich scherzhaft nannten, nicht: Die XO-Herstellerinnen scheinen Pressefotos zufolge wie andere Quanta-Angestellte auch meist junge Arbeiterinnen zu sein, die aus der chinesischen Provinz in die boomenden High-Tech-Zentren des Landes gezogen sind. Bei Quanta und anderen Herstellern verdienen sie laut Angaben westlicher Gewerkschaften häufig keine 100 Euro im Monat, könnten sich selbst den XO also nur mit viel Sparwillen leisten.

Bezahlen sollen den Rechner aber sowieso vor allem Regierungen. Negroponte sammelte dazu auf einer weltweiten Goodwill-Tour diverse Bestellzusagen ein - von Afrika über Südamerika bis Asien. Doch genutzt hat das nichts: Der Laptop-Aktivist musste danach eingestehen, dass die Bestellungen recht unverbindlich geblieben waren, und auch später wurden feste Bestellungen von Regierungen wieder storniert. Um dennoch den Absatz anzukurbeln, läuft in den USA und Kanada ab dem 12 November eine "Give 1 Get 1"-Kampagne, bei der man zwei XO-Maschinen für 399 Dollar kaufen kann. Eine davon geht in die Entwicklungsländer, eine an den Besteller. Inzwischen hat nun immerhin Uruguay 100.000 Stück der XO-Laptops geordert - Schulkinder zwischen sechs und zwölf sollen in dem Land mit den Rechnern ausgestattet werden. Die Bestellung könnte sich etwas später um 300.000 weitere Computer erhöhen. 2009 würde dann ein Gerät für jedes Schulkind bereitstehen. Weitere XO-Laptops werden nach Peru und in die Mongolei gehen.

Der XO Laptop ist technisch durchaus ausgefeilt. Zwar ist die Grundtechnologie recht einfach und leistungsschwach, für den geplanten Anwendungsbereich im Lernumfeld aber gut geeignet. Die Hardware wurde so gestaltet, dass sie Extrembedingungen aushalten kann - auch bei 45 Grad Außentemperatur funktioniert der Rechner noch und lässt sich auch bei starker Sonneneinstrahlung gut ablesen. Das enthaltene Betriebssystem ist offen: Die auf Linux basierende Software wurde besonders kindgerecht gestaltet, kann aber von kleinen Entdeckern selbst verändert werden.

Ob es bei einem derart offenen Konzept bleibt, ist allerdings noch unklar - schon hat Microsoft angekündigt, eine Windows-Version für das System zu entwickeln. Negroponte selbst gab sich dem gegenüber offen: "Wir werden niemanden hindern, Software für unseren Rechner zu entwickeln." Ein gänzlicher Umschwung in Richtung Windows sei aber ein schlichtes Gerücht. Doch dürfte in letzter Instanz der Besteller entscheiden, welches Betriebssystem auf dem XO läuft. Microsoft engagiert sich derzeit in Entwicklungs- und Schwellenländern sehr, weil man sich hiervon hohe Wachstumsraten verspricht.

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