Social-Networking-Plattformen: Google will Netzwerke vernetzen

Nach der Niederlage im Bieterkampf um Anteile an der Social-Networking-Plattform Facebook reagiert Google: Der Konzern will den gesamten Sektor umkrempeln.

Google setzt auf "OpenSocial": Anbieter sollen sich auf eine Schnittstelle einigen Bild: ap

Wenn es nach den Web-Riesen geht, dann liegt die Zukunft des Internet im Sozialen, genauer: in sozialen Netzwerken. Seit Monaten köchelt hier nun schon ein beispielloser Hype, der Ende Oktober in der Ankündigung Microsofts gipfelte, beim aktuell erfolgreichsten Anbieter Facebook einzusteigen - und dessen Wert damit auf 15 Milliarden Dollar hochzutreiben. Google, beim Kampf um Facebook-Anteile laut Insidern nur knapp zu kurz gekommen, präsentiert nun seinen Plan B: Statt einfach nur eine eigene Social Networking-Plattform zu eröffnen, will der Suchmaschinengigant den ganzen Sektor umkrempeln.

Die Strategie hört auf den Namen "OpenSocial" - und die Grundidee ist gut: Statt Anwendungen in sozialen Netzwerken immer nur auf eine einzige Plattform abzustimmen, sollen sich die Anbieter künftig auf eine gemeinsame Programmierschnittstelle einigen. Wenn ein Entwickler also beispielsweise eine Notizkalender-Anwendung für Googles soziales Netzwerk "Orkut" schreibt, kann er es auf andere OpenSocial-kompatible Plattformen übertragen. Ebenfalls möglich sein soll ein Zugriff auf die derzeit noch abgeschlossenen Profile, die "Freunde" im eigenen Netzwerk und die Statusmeldungen und Aktivitäten, die sozial vernetzte Nutzer besitzen.

Partner für "OpenSocial" hat Google bereits - einige große Namen wie "Friendster", "Plaxo" und "LinkedIn" sind dabei, aber auch der Geschäftssoftwareanbieter "Salesforce.com". Sie alle eint die Angst vor einer Übermacht Facebooks, das weiterhin schnell wächst und derzeit 42 Millionen aktive Nutzer haben soll. Durch den Einstieg Microsofts sieht manch Beobachter bereits den Aufstieg zum "Superportal", obwohl Facebook hinter "MySpace" nur der zweitgrößte Anbieter weltweit ist.

Der Grund für manch ungutes Gefühl liegt in der Geschlossenheit sozialer Netzwerke: So kann man bei Facebook, sollte man sich einmal gegen den Dienst entscheiden, seine Kontakte und Informationen nur eingeschränkt mitnehmen. Der Dienst erinnere ihn an alte Online-Dienste wie AOL, schriebt dazu kürzlich der bekannte Blogger Jason Kottke. In der Tat öffnet sich Facebook derzeit nur langsam: Zwar werden Profile inzwischen auf Wunsch von den Internet-Suchmaschinen erfasst, alles andere kann man aber nur nutzen, wenn man selbst Mitglied des Dienstes ist. "OpenSocial" könnte das nun aufbrechen - auch wenn mit Google selbst ein enorm mächtiger Mitspieler die treibende Kraft ist.

Googleintern soll Brad Fitzpatrick wichtigster Mann bei dem Projekt sein. Der Programmierer und Projektentwickler hat viel Erfahrung: Er hat mit LiveJournal selbst eine eigene Weblog-Plattform mit Social-Networking-Aspekten gegründet, diese dann an den Blog-Spezialisten Six Apart verkauft. Seit einigen Monaten arbeitet er nun für Google, wo man sich von ihm Kompetenz in Sachen soziale Netze erhofft. Orkut, Googles eigener Facebook-Konkurrent, läuft bislang nur in bestimmten Ländern sehr gut, spielt im Heimatmarkt USA aber nur eine untergeordnete Rolle. Geht die "OpenSocial"-Idee auf, könnten einige kleinere Player den Branchenprimus Facebook so überholen.

Google setzt dabei voll auf Web-Standards wie JavaScript und HTML - eine Spezialsprache wie Facebooks "FBML" muss niemand lernen, um an der Plattform teilzunehmen. Noch ist völlig unklar, wie sich mit einer solchen Technologie Geld verdienen lässt. Facebook und die anderen Plattformen profitieren derzeit enorm davon, dass sie relativ geschlossen sind - Werbung ist so zielgerichteter möglich. Möglicherweise ergibt sich mit der Standardisierung aber auch erst ein gut funktionierender Reklamemarkt. Auch zu den Datenschutzaspekten von "OpenSocial" will sich Google im Laufe des Donnerstags näher äußern. In Deutschland hieß es von Fachleuten am Mittwoch, auch hiesige Plattformen wie das Geschäftsnetzwerk "Xing" seien angeblich an "OpenSocial" interessiert.

Michael Arrington, bekannter US-Web 2.0-Blogger, schrieb am Dienstag, das Timing für die Plattform "könne nicht besser sein". Programmierer beschwerten sich, dass sie ihre Anwendungen ("Widgets", "Apps") für neue soziale Netzwerke ständig anpassen müssten. Ein offener Standard sei hier genau das richtige Gegenmittel.

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