Ein Fass für 100 Dollar: "Erdöl wird noch teurer werden"

Weltweit steigt der Öl-Verbrauch - und damit auch die Kosten. Vor allem in Asien und den USA. Die Europäer haben Glück: Der billige Dollar federt die Kosten ab.

Strategischer Ölreservespeicher an der Golfküste der USA. Bild: ap

Am Montag erreichte der Ölpreis einen neuen Rekordwert: Mehr als 93 US-Dollar kostete zeitweise ein Fass (159 Liter) der Sorte Light Sweet Crude im asiatischen Handel. Auch der Preis für die Nordseesorte Brent war mit 90 Dollar so hoch wie noch nie. Damit sei noch nicht Schluss, meint Otto Wiesmann, Ölhändler des Finanzdienstleisters Index. 80 bis 150 Dollar, prognostiziert er, seien innerhalb der nächsten fünf Jahre möglich. "Es können auch 200 Dollar sein", sagt er der taz. "Die Zeiten, in denen ein Fass für 40 Dollar zu haben war, sind vorbei. 40 Dollar - das ist utopisch."

Im Gegensatz zu vielen anderen Ölhändlern geht Wiesmann davon aus, dass der Preis vor allem steigt, weil die Nachfrage nach Öl weltweit stetig zunimmt - und die Fördermengen nicht mithalten. Spitzenverbraucher sind die USA und asiatische Schwellenländer, vor allem China. Die Nachfrage liegt in diesem Jahr weltweit bei 86,03 Millionen Fass pro Tag, das Rohölangebot bei 85,65 Millionen.

Deshalb ist für die Preise entscheidend, wie hoch die Lagerbestände sind. Im Herbst gehen sie üblicherweise zurück. Doch in der vergangenen Woche gab das US-Energieministerium bekannt, dass die Depots noch deutlich leerer seien als erwartet. Auch das ließ die Preise steigen.

Spekulativen Faktoren misst Wiesmann dagegen weniger Bedeutung zu: Die Krise an der türkisch-irakischen Grenze, der Atomstreit mit dem Iran, der Krieg im Irak - all das beeinflusse den Preis zwar, allerdings nicht fundamental. So gebe es zwar Angstkäufe, und die Krisen würden auch schon mal zum Anlass für Spekulationen an den Börsen genommen. "Aber selbst wenn die Türkei kurdisches Gebiet im Irak angreift, weiß man nicht, ob Ölfelder betroffen sein werden", sagt Wiesmann. "Und selbst wenn die USA im Irak zurechtgekommen wären und dort nun mehr Öl gefördert würde: Die Preisentwicklung hätte das bloß verzögert."

Die Händler des internationalen Ölbrokers PVM sehen das anders: Dort ist man der Meinung, dass sich die Preise wieder dauerhaft entspannen, sobald die geopolitischen Krisen abflauen und Fonds weniger in Öltitel investieren.

Noch spüren die Verbraucher in Europa die gestiegenen Preise kaum. Denn Erdöl wird in US-Dollar gehandelt - und der Dollar fällt gegenüber der europäischen Gemeinschaftswährung auf einen Tiefstand nach dem nächsten. Gestern kostete ein Euro 1,4438 Dollar.

Anleger finden es derzeit vergleichsweise unattraktiv, in Dollar zu investieren, zumal die US-Notenbank Fed den Leitzins deutlich gesenkt hat. Und voraussichtlich wird sie es am Mittwoch noch einmal tun: Dann könnte der Leitzins um weitere 25 Basispunkte auf 4,5 Prozent zurückgenommen werden. Die Notenbank will damit Kredite verbilligen und dem Abschwung auf dem Immobilienmarkt gegensteuern. "Wir haben Glück", kommentiert Experte Wiesmann. "Wenn der Dollar nicht so stark eingebrochen wäre, würden Autofahrer vermutlich statt 1,35 Euro pro Liter Benzin 1,50 bezahlen."

Und wenn der Ölpreis weiter steigt und auch der Dollar wieder teurer wird? "Dann müssen wir auf Effizienz setzen, Unternehmen wie Verbraucher", sagt Wiesmann. "Es bleibt einem beispielsweise die Möglichkeit, auf ein Drei-Liter-Auto umzusteigen und sich beim Heizen Alternativen zu überlegen."

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