Microsoft steigt bei Facebook ein: Web 2.0 plötzlich milliardenschwer

Der "Social Networking"-Dienst Facebook verkauft 1,6 Prozent seiner Anteile an den Softwareriesen Microsoft - und ist plötzlich unglaubliche 15 Milliarden Dollar Wert.

Ein 23-jähriger Firmenchef mit einem 15 Millarden schwerem Onlinedienst? Erinnert schwer an die Neunziger, oder Mark Zuckerberg? Bild: ap

Seit Wochen gab es im Silicon Valley Gerüchte, laut denen Facebook vor dem Einstieg eines großen Partners stehen könnte, der zwar nur einen verhältnismäßig geringen Teil des Unternehmens übernehmen, dessen Bewertung jedoch in schwindelerregende Höhen treiben sollte. Als mögliche Kandidaten für einen Kauf von Anteilen an dem derzeit als besonders "heiß" geltenden "Social Networking"-Anbieter wurden immer wieder die Suchmaschine Google, der Softwareriese Microsoft und der Portalbetreiber Yahoo genannt.

Mittwoch Abend wurde die Entscheidung nun bekannt gegeben: Microsoft, bereits seit längerem Werbevermarkter für Facebook, darf bei der Plattform einsteigen. Für 240 Millionen Dollar übernimmt der Konzern zwar insgesamt nur 1,6 Prozent des Dienstes - keine kleine Summe, doch eine, die Microsofts Finanzpolster nicht allzu stark belastet.

Der Marktwert von Facebook hat so einen riesigen Sprung nach oben gemacht. Denn durch die von Microsoft gezahlte Summe ist Facebook plötzlich 15 Milliarden Dollar wert - eine unglaubliche Zahl, die deutlich an die Hochzeiten der untergegangenen "New Economy" Ende der Neunzigerjahre erinnert. Zwar schreibt Facebook laut eigenen Angaben schwarze Zahlen, doch die Seite macht derzeit nur einen Umsatz von rund 150 Millionen Dollar im Jahr. Und ein großer Teil davon soll auch noch durch den zu sehr guten Konditionen ausgehandelten Werbedeal mit Microsoft in die Kasse kommen, wie Insider behaupten.

Facebook-Firmengründer Mark Zuckerberg, erst 23 Jahre alt, erinnert ein wenig an einen jungen Bill Gates. Der stets in Adidas-Schlappen an nackten Füßen bekleidete Jungmanager sieht in seinem Angebot und dem "Social Graph" die Zukunft des Netzes. Es gibt jedoch auch genügend Kritiker: Facebook wirke mit seiner Abgeschlossenheit wie ein Online-Dienst in den Neunzigerjahren, meint etwa der bekannte Blogger und Internet-Experte Jason Kottke. Auch die Erfassung genauer Profildaten macht Kritikern in Sachen Privatsphäre Bauchschmerzen - insbesondere in Verbindung mit Online-Werbung, die genau auf diese Profile abgestimmt sind.

Facebook ist eine Plattform, die den so genannten "Social Graph" nachbilden will - das Beziehungsgeflecht der Menschen. Gestartet als reine Freundesbörse für US-Universitäten, öffnete man sich nach und nach allen Nutzern. Diese stellen ihre persönlichen Informationen in ein Profil ein und können dann mit anderen Usern der Seite Kontakt aufnehmen und Nachrichten austauschen. Mit den so genannten "Facebook Apps" ist außerdem die Nutzung bestimmter Anwendungen und Spiele möglich. Das Attraktive an dem Dienst ist dabei vor allem seine Nutzerzahl - bis Ende des Jahres sollen mehr als 60 Millionen Menschen weltweit den Gratis-Service nutzen. In den USA ist Facebook laut Zahlen des Zähldienstes Alexa in der Top 10 der am häufigsten besuchten Web-Angebote im September auf Platz 7.

So genannte "Lockin"-Effekte sorgen dafür, dass sich die Nutzerschar laufend vermehrt: Nach Überschreiten einer kritischen Masse laden immer mehr User ihre Freunde ein, es wird zur Pflicht, an dem sozialen Netzwerk teilzunehmen. Manche Nutzer verbringen pro Tag mehrere Stunden in dem Dienst. Gegenüber dem restlichen Internet gibt sich Facebook hingegen abgeschottet: Lange Zeit waren Seiten in dem sozialen Netz nur dann einsehbar, wenn man selbst einen eigenen Account bei dem Anbieter hatte. Inzwischen sind zumindest Profile, wenn der Nutzer dies will, auch von außen erreichbar und werden somit von Suchmaschinen erfasst. Facebook ist auch für Werbetreibende interessant: Da die Nutzer genaue Profile über sich anlegen - etwa Beruf, Ort, Beziehungsstatus, Alter und häufig sogar Mobiltelefonnummern -, lassen sich genaue Zielgruppen in dem Netz erfassen. Facebook kündigte erst kürzlich an, seinen Reklamekunden ein genaues solches "Targeting" zu ermöglichen.

Teil des Einstiegs von Microsoft ist nun, dass der Softwareriese, der derzeit versucht, neben Google zum wichtigsten Internet-Konzern zu werden, die Vermarktung von grafischen Bannern bei Facebook übernimmt. Beobachter sagten, die astronomisch hohe Bewertung sei auch deshalb entstanden, weil man bei Microsoft das Gefühl gehabt habe, den Deal nicht verpassen zu dürfen. In der Tat soll auch Google ein hohes Interesse an Facebook gehabt haben. Der Portalbetreiber Yahoo wollte Facebook hingegen schon im September 2006 übernehmen, sah sich aber nicht im Stande, die damals geforderten eine Milliarde Dollar zu bezahlen. Vergleicht man dies nun mit der heutigen Bewertung, wirkt diese Summe gering.

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