Kommentar Preiserhöhungen: Der Stromkunde ist kein Opfer

Lassen wir die Stromkonzerne doch reden über angeblich teure Erneuerbare, lassen wir sie ihre Preise erhöhen - und wenden uns unaufgeregt einem neuen Anbieter zu.

Verbraucherschützer nennen die Preisaufschläge der Stromwirtschaft eine "Kriegserklärung", Umweltminister Sigmar Gabriel lässt sich zitieren, er sei "empört". Andere Politiker rufen das Kartellamt, während die Konzerne die satten Erhöhungen den erneuerbaren Energien in die Schuhe schieben. Das sind alles Nebelkerzen.

Natürlich bezahlt der Stromkunde den Ausbau der erneuerbaren Energien über den Strompreis. Doch der Anteil ist mit gerade drei bis vier Prozent am Endkundenpreis wahrlich gering - er taugt somit nicht als Grund für die Erhöhungen. Verbesserung der Gewinnmarge ist der wahre Grund.

Trotzdem ist jede Aufregung von Verbrauchern überflüssig. Lassen wir die Stromkonzerne doch einfach reden über angeblich teure Erneuerbare, lassen wir sie ihre Preise erhöhen, so viel sie wollen, und wenden uns unaufgeregt einem neuen Anbieter zu. Nebenbei bemerkt: Ökostromanbieter verkaufen oft schon billiger als Atomkonzerne, ab Januar erst recht.

Unterdessen macht auch die Politik sich lächerlich, so gut sie kann: Populistisch wird das Kartellamt gerufen, wohlfeil werden hohe Energiepreise beweint und Stromkonzerne der Abzocke bezichtigt. Fakt ist: Auch die Politik treibt die Preise in die Höhe - was nebenbei gesagt nicht einmal schlecht sein muss. Denn jede Kilowattstunde Strom enthält den Preis für die Zertifikate des Emissionshandels. Der entscheidende Punkt jedoch ist: Die Konzerne bekommen die Zertifikate kostenlos vom Staat. Da sie deren Marktpreise aber dennoch auf den Strompreis umlegen, machen sie satte Gewinne. Würde die Politik die Papiere hingegen versteigern, würde das am Strompreis zwar nichts ändern, aber die Einnahmen aus dem Verkauf könnten anderweitig an die Bürger zurückfließen. So aber belastet die Politik letztendlich die Bürger zugunsten der Aktionäre von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall.

Und dennoch ist auch das Bild vom Stromkunden als Opfer häufig nicht korrekt. Denn der Durchschnittsverbraucher jammert zwar über steigende Energiepreise, müht sich aber kaum um Einsparung; viele Haushalte verbrauchen so viel Energie, dass sie kein Strompreis-Mitleid verdienen.

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Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.

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