Niederlande: Pronk will Sozialdemokraten aufmischen

Die holländischen Sozialdemokraten wählen einen neuen Vorsitzenden. Spitzenpolitikern missfällt der Kandidat Pronk, der das linke Profil der Partei stärken will.

Pronk sei ein "Betriebsrisiko", der die Koalition mit den Christdemokraten gefährdet, so viele Kritiker. Bild: dpa

Die Parteibasis der niederländischen Sozialdemokratie (PvdA) hat in diesen Tagen in einer Urwahl darüber abgestimmt, wer ihr neuer Vorsitzender sein wird. Das Ergebnis wird am Montag bekannt gegeben. Jede(r) der sieben Kandidaten, darunter eine Frau, ist in den letzten Wochen durch die Provinz getingelt, um die 60.000 Mitglieder davon zu überzeugen, dass nur mit ihm oder ihr an der Spitze die laut Umfragen derzeit bei 14 Prozent und damit hinter den Sozialisten dümpelnde PvdA aus ihrem Tief herausfinden wird. Bis auf eine Ausnahme sind das gutmeinende Parteisoldaten, die, wenn auch manchmal zähneknirschend, loyal zum Koalitionsvertrag mit den Christdemokraten (CDA) stehen und ihrem Zugpferd, dem Finanzminister und Vizepremier Wouter Bos, durchweg die Stange halten.

Bis auf einen Ausnahmefall eben. Und der setzt nach Meinung der Führungsriege der Partei mit seiner Kandidatur den Fortbestand der Regierung Balkenende aufs Spiel. Jan Pronk, so das Urteil vor allem der Inhaber von Regierungsposten, sei ein "Betriebsrisiko", eine Gefahr für die Geschlossenheit der Partei. Sollte der altgediente Parteilinke zum Vorsitzenden gewählt werden, werde er, so der Exparteivorsitzende Ruud Vreeman und PvdA-Bildungsminister Ronald Plasterk, "garantiert jede Gelegenheit nutzen", die seit Anfang 2007 regierende Koalition aus Sozialdemokraten, Christdemokraten und Christenunion "aufzumischen". Die Kandidatur Pronks sei "ein Misstrauensvotum gegen die eigenen Leute im Kabinett", meint Vreeman. "Wir brauchen einen Vorsitzenden, der die Partei zusammenhält. Einer wie Pronk spaltet nur."

Jan Pronk ist kein Neuling in der Politik: Zwischen 1973 und 2002 bekleidete der promovierte Wirtschaftswissenschaftler mehrere Ministerämter. Nach dem für Holland so schändlichen Srebrenica-Bericht zwang er "aus Scham" im April 2002 die eigene Regierungsmannschaft zum Rücktritt. Und als Leiter der UN-Mission im Sudan legte er sich kürzlich in der Frage der Milizen-Entwaffnung mit der dortigen Regierung an und wurde zur Persona non grata erklärt. Auch hat sich Pronk, den der frühere Ministerpräsident Wim Kok einmal ironisch als das "Gewissen der Nation" bezeichnete, vehement einer Verlängerung der holländischen Isaf-Mission in Afghanistan widersetzt.

Gleich mehrmals in letzter Zeit hat der 67-Jährige Hollands christdemokratischen Premier Jan Peter Balkenende an dessen Wahlversprechen erinnert, die Gründe für die Beteiligung der Niederlande an der Irakinvasion von einer Untersuchungskommission klären zu lassen. Was dieser bislang gelassen aussitzt.

Zu seiner Kandidatur ermutigt haben Pronk hunderte junger Parteimitglieder. Die Chancen stehen nicht mal schlecht für den Mann, auch wenn er selbst nicht so recht daran glauben mag. Zu groß sei der Widerstand aus den eigenen Reihen. "Leute wie Vreeman und Plasterk erklären mich zu einer Gefahr für die Partei", musste Pronk jetzt feststellen. "Das ist ein ziemlich fundamentaler Angriff."

Pronks öffentlichkeitswirksame Beleidigung des Regierungschefs, seine Ankündigung, als Parteichef das linke Profil der PvdA schärfen zu wollen, sowie seine Forderung, nach dem Nein der Niederländer zum EU-Verfassungsvertrag (2005) auch den geplanten Reformvertrag mittels Referendum billigen zu lassen, zeigen: Dem amtierenden Mitte-rechts-Kabinett in Den Haag verheißt die Rückkehr des Polarisierers in die Politik nichts Gutes.

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