Private US-Rambos: Irak will Lizenz zum Töten entziehen

Die jüngste Tötung von Zivilisten zeigt, wie private Sicherheitsunternehmen im Irak operieren - in völlig rechtsfreiem Raum.

Auto einer privaten Sicherheitsfirma in Bagdad Bild: dpa

Die US-Diplomaten im Irak stehen seit Mittwoch unter freiwilligem Hausarrest. Die US-Botschaft in Bagdad hat ihren Mitarbeitern alle Fahrten außerhalb der schwer bewachten "Grünen Zone" im Zentrum Bagdads untersagt. Nachdem von der US-Botschaft angeheuerte private Personenschützer der privaten US-Sicherheitsfirma Blackwater am Sonntag an einem geschäftigen Platz mitten in Bagdad das Feuer eröffnet hatten und dabei mindestens zehn Zivilisten töteten, ist nicht nur der Status der Firma, sondern auch der Schutz der Mitarbeiter des US-Außenministeriums in Frage gestellt. Denn Blackwater ist das größte von drei Unternehmen, die mit dem Schutz der Diplomaten beauftragt sind.

Die irakische Regierung will nun den Status aller privaten Sicherheitsdienste im Land überprüfen lassen. Bereits am Dienstag hatte sie angekündigt, den Vorfall vom Sonntag zu untersuchen und Blackwater die Lizenz zu entziehen.

Was genau am Sonntag geschehen ist, darüber kursieren unterschiedliche Versionen. Die US-Botschaft spricht davon, dass das Sicherheitspersonal, das zur Bewachung eines diplomatischen Konvois abgestellt war, in Reaktion auf eine Autobombe das Feuer eröffnet habe und dabei mehrere Menschen getötet und verletzt worden seien. Die Firma Blackwater behauptet, ihre Mitarbeiter hätten in Selbstverteidigung gehandelt, nachdem der Konvoi beschossen worden war. "Blackwater bedauert den Vorfall, aber der Konvoi ist von bewaffneten Aufständischen angegriffen worden und unsere Mitarbeiter haben ihre Aufgabe erfüllt und Menschenleben verteidigt", heißt es in einer Erklärung der Firma.

Doch zwei irakische Überlebende des Vorfalls erzählen eine völlig andere Geschichte. Hassan Jabr Salma, ein 50jähriger Anwalt, der selbst mit acht Schusswunden davonkam, erzählt lokalen Reportern, dass er und andere Autofahrer versucht hätten, dem Konvoi Platz zu machen, als aus dem Nichts das Feuer eröffnet wurde. Auch der Taxifahrer Sami Hawas Karim, dem in die Hüfte geschossen worden war, erklärt, er habe für den Konvoi angehalten, als die Wächter plötzlich das Feuer auf ein Auto mit einem Mann, einer Frau und einem kleinen Kind eröffnet hätten. Danach, sagt er, sei auf eine Gruppe Straßenarbeiter, den Wagen vor ihm und einen Kleinbus voll Mädchen geschossen worden.

"Nach diesem ungeheuerlichen Angriff auf irakische Bürger werden alle Operationen von privaten und ausländischen Sicherheitsfirmen einer Überprüfung unterzogen", kündigte der irakische Regierungssprecher Ali Al-Dabbgh an. Dabei ist aber unklar, welche Handhabe die irakische Regierung wirklich hat. "Nur die Partei, die sie ins Land gebracht hat, die US-Regierung, kann die Firmen wieder nach Hause schicken", erklärt Riad Kahwaji, Direktor des Institutes für Nahost- und Golf-Militäranalysen gegenüber dem arabischen Fernsehsender Al-Dschasira. Er weist darauf hin, dass, die privaten Firmen überhaupt keine irakische Lizenz hätten, die ihnen entzogen werden könnte, er. Damit legt er den Finger mitten hinein in die Wunde, denn der Status der über 180 im Irak operierenden privaten Sicherheitsfirmen und die Frage, wem gegenüber beispielsweise die über 1.000 Mitarbeiter Blackwaters im Irak rechtlich rechenschaftspflichtig sind, ist vollkommen ungeklärt. Berühmt geworden ist das sogenannte Dekret Nummer 17, das vor mehr als drei Jahren von der damaligen US-Besatzungsverwaltung unter der Leitung Paul Bremers erlassen worden war. Darin wird den US-amerikanischen Sicherheitsunternehmen Immunität vor dem irakischen Gesetz zugesagt.

Seit Beginn des Jahres existieren zwar neue Regeln, laut denen Mitglieder privater Sicherheitsdienste im Irak vor ein US-Militärgericht gestellt werden könnten. Es gibt bis heute aber keine detaillierten Umsetzungsbestimmungen dazu vom Pentagon. Und es ist fraglich, ob ein solches Konstrukt überhaupt verfassungskonform wäre.

Am wahrscheinlichsten ist zunächst, dass die irakische Regierung nicht gegen die Firmen vorgehen wird. Zwar ist deren Auftreten im rechtsfreien Raum immer wieder peinlich für die Regierung und sie muss bei dem jetzigen öffentlichen Aufschrei beweisen, dass sie fähig ist die Souveränität des Irak durchzusetzen. Aber sie kann auch nicht die US-Regierung vor den Kopf stoßen, die auf die private Sicherheit im Irak inzwischen vollkommen angewiesen ist. Bei einem Abzug Blackwaters wäre die Arbeit der US-Diplomaten im Irak ernsthaft in Frage gestellt. Der Sitz ihrer irakischen Amtskollegen befindet sich beispielsweise außerhalb der Grünen Festung, in der die US-Botschaft liegt - Besuch ohne Bewachung vollkommen ausgeschlossen.

So wird das Schicksal der in den letzten Vorfall verwickelten Blackwater-Mitarbeiter wahrscheinlich dem einer ihrer Firmenkollegen ähneln. Der hatte letzten Dezember einen Bodyguard des irakischen Vizepräsidenten Adel Abdul Mahdi niedergeschossen. Die Firma Blackwater flog ihren Mitarbeiter schnell aus, zurück in die USA. Bis heute wurde keine Anzeige erstattet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.