Bulgarien: Rechte wollen Roma jagen

Der Chef der rechtsextremen Bulgarischen Volksunion, Bojan Rasate, kündigt die Gründung einer Nationalgarde an. Die soll die Bevölkerung schützen - vor den Roma.

Zwei Roma vor den Trümmern ihrer Unterkunft in einem Vorort bei Sofia. Die Volksgruppe gerät in Bulgarien immer stärker unter Druck. Bild: rts

BERLIN taz In Bulgarien könnte es mit dem viel beschworenen friedlichen Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen bald vorbei sein. Denn der Chef der rechtsextremistischen Partei Bulgarische Volksunion (BNS), Bojan Rasate, kündigte unlängst an, er wolle eine Nationalgarde zum Schutz der Bevölkerung schaffen. Wen genau diese Nationalgarde gegen wen schützen soll, das macht eine Pressemitteilung deutlich, die die BNS kürzlich herausgab. Darin heißt es: "Bereits seit 17 Jahren ist die bulgarische Bevölkerung in ihrer Heimat systematischen Beschränkungen und unkontrollierten Ausschreitungen vonseiten der Minderheit der Roma ausgesetzt, und der Staat sieht teilnahmslos zu. Die Zigeuner prügeln, stehlen, vergewaltigen und töten ohne eine adäquate Antwort seitens der Macht."

Die Ankündigung der Gründung einer Nationalgarde erfolgte nur wenige Tage nach verschiedenen Zusammenstößen zwischen Bulgaren und Roma. So waren Mitte August mehrere hundert jugendliche Roma randalierend durch den Sofioter Stadtteil Krasna Poljana gezogen, nachdem sie mutmaßlich von einer Gruppe von Skinheads angegriffen worden waren. Kurz darauf wurde bei einer Schlägerei zwischen Roma und Bulgaren in der Kleinstadt Samokow ein 17-jähriger Rom zu Tode geprügelt - die örtlichen Behörden spielten das als normale Schlägerei zwischen Jugendlichen herunter. "Dass die Machthaber bei diesen Angelegenheiten sehbehindert sind, wissen wir. Das Problem ist, dass sie in den vergangenen Wochen offenbar ihre Brille gleich ganz zu Hause vergessen haben", kommentierte die seriöse bulgarische Wochenzeitung Kapital diesen Umstand.

Damit legte die Zeitung den Finger in eine offene Wunde. Denn die Lage der rund 800.000 Roma - das entspricht rund 10 Prozent der Gesamtbevölkerung - ist alles andere als rosig. So liegt die Arbeitslosigkeit bei rund 90 Prozent. 65 bis 70 Prozent der Roma leben unter der Armutsgrenze, etwa 80 Prozent haben keine Ausbildung. Wer eine Arbeit hat, verdient sein Geld meist als Straßenreiniger, Müllsammler oder als Schwarzarbeiter auf dem Bau. Auch das 2005 von Bulgarien und sieben anderen Staaten ins Leben gerufene "Jahrzehnt der Roma-Integration", ein Programm, das zu großen Teilen von der Weltbank und dem Open Society Institute finanziert wird, hat bislang nur wenig Verbesserungen gebracht.

Den Vorstoß von Bojan Rasate dürften viele Bulgaren begrüßen. Am vergangenen Wochenende berichtete die bulgarische Tageszeitung Novinar über die Erfahrung von Violeta Draganowa, Roma und Journalistin beim Bulgarischen Nationalen Fernsehen, der unter fadenscheinigen Begründungen der Zugang zu einem Sofioter Schwimmbad verweigert wurde. Der Kommentar eines Lesers lautete: "Wenn es sich um privates Gelände handelt, hat jeder Eigentümer das Recht, nur den hereinzulassen, den er will. Auch ich würde mit Zigeunern nicht an den Strand gehen. Es reicht mir schon, wenn ich sie in Horden vor Geldautomaten herumlungern sowie bettelnd in Krankenhäusern und Schulen sehe."

Unterdessen hat die Roma-Organisation Evroroma angekündigt, unter dem Namen "Organisation der Minderheit zur Verteidigung gegen Gewalt" (Omon) eine Gegentruppe zur Nationalgarde zu gründen. Angeblich haben sich bereits 50 Roma als Freiwillige gemeldet.

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