Nachrichten-Streit: "Unlogisch und falsch"

Auch mit stark abgespecktem Nachrichtenangebot darf Sat.1 weiter Vollprogramm bleiben - zum Ärger des Vorsitzenden der saarländischen Landesmedienanstalt.

"Erhebliche Konsequenzen" für den Sender blieben aus. Bild: ap

Es war der bislang wohl radikalste Schnitt in der dualen deutschen Rundfunklandschaft: Nahezu vollständig verabschiedete sich Sat.1 Mitte Juli von seinen Tagesnachrichtenmagazinen, am 31. August soll zusätzlich das quotenträchtige Nachtmagazin "Sat.1 News - Die Nacht" eingestellt werden. Damit reagiert die ProSiebenSat.1 AG auf die ausschließlich auf Rendite fixierten Programmwünsche der ausländischen Finanzinvestoren Permira und KKR, die den Konzern Ende 2006 übernommen haben.

In einem Schnellverfahren prüfte die für Sat.1 zuständige Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz (LMK) nun den Status des Senders als Vollprogramm. LMK-Direktor Manfred Helmes, der noch vor zwei Wochen gesagt hatte, dass Sat.1 "erhebliche Konsequenzen drohen", zumindest aber "strenge Auflagen erhoben werden müssen", entschied nun, dass Sat.1 mit den verbliebenen Informationssendungen im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrags seine meinungsbildenden Pflichten erfüllt und weiter als Vollprogramm firmieren darf. Die rheinland-pfälzische Medienaufsicht hatte festgestellt, dass Sat.1 derzeit einen Informationsanteil von 23,4 Prozent aufweist. Dieser speist sich jedoch überwiegend aus Boulevardthemen, wurde bemängelt.

Einer der Kritiker, Gerd Bauer, Direktor der saarländischen Landesmedienanstalt (LMS), sagte der taz: "Die Gewährleistung eines Vollprogramms kann bei Sat.1 nicht mehr hingenommen werden." Die vorschnelle Entscheidung der LMK bezeichnete er als "unlogisch und falsch". Bauer befürchtet, dass dieses Signal der LMK zum Präzedenzfall in der deutschen Fernsehlandschaft werden könnte und sich künftig auch andere Sender nicht mehr genötigt sähen, ausführliche Nachrichtensendungen zu produzieren. Sein Kollege Helmes hält dagegen: "Wenn die Gesellschaft von den privaten Rundfunkanstalten mehr ,harte' Nachrichten, zum Beispiel aus den Bereichen Politik, Kultur und Wissenschaft, verlangen will, muss sie dies im Rundfunkstaatsvertrag deutlich sagen."

Verständnislos zeigte sich LMS-Chef Bauer zudem ob der Tatsache, dass die Entwicklungen bei Sat.1 nicht zuvor im Kreis aller Landesmedienanstalten diskutiert wurden. Absatz 2 des Paragrafen 38 des Rundfunkstaatsvertrags sieht vor, dass bei solch schwerwiegenden Weichenstellungen "auch zur Vorbereitung von Einzelfallentscheidungen gemeinsame Stellen" gebildet werden sollen. Bauer hat sich mit diesem Anliegen nachdrücklich an den Vorsitzenden der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, Reinhold Albert, gewandt. Ob der Antrag auch geprüft wird, sei aber nicht sicher, meinte Bauer. "Vielleicht geht der Kollege ja jetzt auch erst mal in den Urlaub."

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