Konflikt ohne Zerreißprobe?

CDU Kurz vor dem Start der parteiinternen Mitgliederbefragung positionieren sich Befürworter und Gegner der „Ehe für alle“. Abzulesen ist ein relatives „Jein“

Klare Ansage beim diesjährigen Christopher Street Day Ende Juni Foto: Stefan Boness/Ipon

von Stefan Alberti

In der Berliner CDU klären sich kurz vor Beginn der Mitgliederbefragung zur Homo-Ehe die Lager. Führende Mitglieder der Partei wie Generalsekretär Kai Wegner und mehrere Bundestagsabgeordnete stellten am Mittwoch ein Flugblatt vor, in dem sich 180 teils prominente Berliner CDUler für ein Ja aussprechen. Am Vorabend kursierte bereits ein „Offener Brief an die Mitglieder der CDU Berlin“, in dem neben zwei weiteren Politikern 17 Abgeordnetenhausmitglieder, der Europaparlamentarier Joachim Zeller sowie der frühere Regierungschef und Ehrenvorsitzende Eberhard Diepgen für ein Nein zur „Ehe für alle“ werben.

Am heutigen Donnerstag will die CDU-Landesgeschäftsstelle die ersten Stimmkarten für die innerparteiliche Abstimmung versenden, am Freitag sollen sie bei den ersten der rund 12.500 Mitglieder ankommen. Zur Frage „Sind Sie dafür, dass auch gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen können?“ gibt es sieben Antwortmöglichkeiten: „voll und ganz“, „eher ja“, „teils, teils“, „eher nein“, „gar nicht“ sowie die Optionen, sich zu enthalten oder das Thema als nicht wichtig zu bezeichnen. Abstimmungsschluss ist am 15. Juli, ein wegen des Poststreiks vorläufiges Ergebnis soll am 24. Juli vorliegen.

Aufwendige Ja-Sager

Während beim Brief der Nein-Sager die Bilder der Unterzeichner neben einem dreiseitigen Schreiben aufgeführt sind, ist das Flugblatt der Ja-Sager wesentlich aufwendiger gestaltet. Ihre 180 Fotos formen ein fast DIN A3-großes Ja. Herausgehoben sind einzelne Fotos führender Köpfe und Antworten besonders bekannter Politiker zum Thema Homo-Ehe. Auf die Frage „Was ändert sich für die Ehe?“, sagt beispielsweise Sozialsenator Mario Czaja: „Nichts!“

Während der Nein-Brief von einigen Landesparlamentariern um Burkard Dregger und Cornelia Seibeld koordiniert wurde, geht die Ja-Aktion von der Lesben- und Schwulen-Union (LSU) in der Berliner CDU aus. „Drei Senatoren, fünf Staatssekretäre und 13 Mitglieder des Abgeordnetenhauses sind drauf“, rechnet LSU-Landeschef Markus Klaer bei der Flyer-Vorstellung am Brandenburger Tor vor.

Von den vier CDU-Senatsmitgliedern fehlt nur der Innensenator und Landesvorsitzende Frank Henkel. Der werde sich vor der Abstimmung nicht äußern, „um nicht den innerparteilichen Meinungsbildungsprozess zu beeinflussen“, sagt Parteisprecher Johann von Dienst der taz. Generalsekretär Wegner hält das für richtig, weil Henkel ja bewusst die Parteibasis befragen und nicht allein entscheiden wollte. Er selbst aber habe sich schon vor der Aufsehen erregenden Abstimmung in Irland für die „Ehe für alle“ ausgesprochen, sagte Wegner, „da wäre es unglaubwürdig, wenn ich mich jetzt zurückhalten würde“.

Wie Henkel hält sich auch Fraktionschef Florian Graf bedeckt. Der begrüße die Befragung, werde seine persönliche Haltung aber nicht nach außen geben, ist von Fraktionssprecher Michael Thiedemann zu hören. Graf ist eins von nur neun Mitgliedern der 38-köpfigen Abgeordnetenhausfraktion, die sich nicht öffentlich festlegen. Ein Name, der des Neuköllner Abgeordneten Christian Hausmann, erscheint in beiden Veröffentlichungen. Grund sei ein Kommunikationsfehler, sagt Hausmann auf Nachfrage der taz, richtig stehe er nur auf der Nein-Liste: „Meine Position ist, dass ich für eine gesetzliche Gleichstellung bin, aber nicht für die Homo-Ehe.“

Nach dieser Klarstellung gibt es in der Fraktion bei 17 offenen Gegnern nur noch 12 klare Befürworter. Bei den Berliner CDU-Bundestagsmitgliedern ist die Meinungslage deutlich anders: Einem Nein-Bekenntnis stehen fünf Ja-Sager gegenüber.

Ein Gegenüber im Sinne eines Risses in der Partei mag LSU-Chef Klaer aber genauso wenig erkennen wie Generalsekretär Wegner. Klaer spricht vielmehr von einer innerparteilichen Diskussion, die ruhig und sachlich sei. „Eine Zerreißprobe sehe ich gar nicht“, sagt er. „Wir kommen ja auch mit den Gegnern gut aus, mit einigen bin ich ja auch befreundet.“