EZB setzt weiter auf Geldströme gegen Flaute

Notenbank Trotz Milliardenflut will die Wirtschaft nicht anspringen, die Inflation bleibt niedrig

Das frische Geld kommt im Idealfall bei Unternehmen an

FRANKFURT dpa | Europas Währungshüter stehen bereit: Im Kampf gegen schwächere Konjunkturaussichten und nur noch minimal steigende Verbraucherpreise will die Europäische Zentralbank notfalls die Geldschleusen noch weiter öffnen. „Wir haben den Willen und die Fähigkeit zu reagieren, falls dies notwendig ist“, sagte EZB-Präsident Mario Draghi.

Im März hatte die EZB begonnen, Staatsanleihen und anderen Vermögenswerte aufzukaufen. Das könne notfalls im Umfang ausgedehnt oder zeitlich gestreckt werden, sagte Draghi in Frankfurt.

Den Leitzins beließ der EZB-Rat bei seiner Sitzung am Donnerstag auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent. Damit können sich Geschäftsbanken weiterhin extrem günstig mit frischem Zentralbankgeld versorgen. Zudem dürfte laut EZB die Wirtschaft im Euroraum schwächer wachsen als erwartet, auch die Inflation für 2015 schätzt sie nun niedriger ein, 0,1 Prozent statt 0,3 Prozent. Draghi führte dies vor allem auf den jüngsten Absturz der Energiepreise zurück.

Seit März versuchen die Währungshüter, die Konjunktur und den Preisauftrieb zusätzlich mit einem gewaltigen Kaufprogramm anzuschieben. Monatlich 60 Milliarden Euro sollen in Staatsanleihen und andere Vermögenswerte investiert werden, insgesamt 1,1 Billionen Euro bis September 2016.

Das frische Geld kommt im Idealfall über Geschäftsbanken in Form von Krediten bei Unternehmen und Verbrauchern an. Das soll Investitionen und Konsum anschieben und so die Konjunktur in Schwung bringen und die Inflation anheizen. Draghi räumte ein, dass die Verbraucherpreise im gemeinsamen Währungsraum in den kommenden Monaten sogar sinken könnten. Das sei aber ein vorübergehender Effekt wegen des Einbruchs der Ölpreise.

Aus Sicht von Ökonomen der Landesbank Hessen-Thüringen besteht aktuell kein Grund, das Kaufprogramm auszuweiten. Draghi könne trotz reduzierter Inflationsprognosen entspannt bleiben: „Niedrige Energiepreise sind kein Auslöser einer Deflation, sondern unterstützen die expansive Geldpolitik im Kampf um mehr Wachstum.“ Unter Deflation verstehen Ökonomen sinkende Preise auf breiter Front. Dies kann zu starker Zurückhaltung bei Konsum und Investitionen führen und die Konjunktur zum Erliegen bringen.