Nach dem Urlaub beurlaubt

Potsdam Berühmt-berüchtigter Baudezernent Matthias Klipp ist geschasst

Wer gleich an einem Montag und noch dazu am ersten Tag nach seinem Urlaub zum Chef bestellt wird, hat nichts Gutes zu erwarten. Oder? Matthias Klipp (54), Grünen-Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bauen in Potsdam, war an diesem Montag – die Koffer aus den Ferien waren noch nicht einmal ganz ausgepackt – zu Jann Jakobs (SPD), Oberbürgermeister von Potsdam, gerufen worden. Plätzchen und Tee wurden nicht gereicht, so viel ist anzunehmen.

Denn nach dem Treffen war Klipp seinen Posten los, „beurlaubt“ im negativen Sinn. Jakobs hatte den Baudezernenten mit sofortiger Wirkung vom Dienst suspendiert und geschasst. Rathausschlüssel und Handy musste er abgeben. Das Vertrauensverhältnis sei „irreparabel zerstört“, sagte der Oberbürgermeister. Klipp sagte auch etwas, nämlich dass er unschuldig sei und man ihm die „Arbeit weggenommen hat“. Er sieht sich als Opfer.

Was war passiert? In Potsdam ist man auf Klipp schon seit längerer Zeit nicht gut zu sprechen. Der Grünen-Politiker gilt als Raubein, das weder vor der Schlösserstiftung noch vor Springer-Chef Mathias Döpfner haltmacht.

Als jetzt peu à peu Ungereimtheiten über ein privates Hausbauprojekt und möglicherweise frisierte Genehmigungen seiner Baubehörde ans Licht kamen, hatte Klipp sich in Widersprüche verstrickt. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen des Verdachts auf Falschaussage.

Jakobs scheint jetzt schon sicher zu sein, dass Klipp sich ein größeres Haus hat genehmigen lassen, als erlaubt ist. Auch glaubt der Oberbürgermeister, dass sein Exdezernent versucht hat, Einfluss auf die ihm unterstellte Bauaufsicht zu nehmen. Sauer ist Jakobs auf Klipp auch deshalb, weil dieser ihm wohl nicht die Wahrheit gesagt hat. Und das sticht.

Sicher. Einfach war Klipp nie. Der frühere DDR-Oppositionelle hat sich mit der Staatsmacht angelegt und sich vor die Altbauten an der Oderberger Straße gestellt. Als grüner Baustadtrat (1990 bis 1996) in Prenzlauer Berg punktete er mit Sanierungen, wechselte dann zur Berliner Landesbank. 2009 schlug er politisch in Potsdam auf.

Jetzt aber wird es eng: Jakobs will ein Disziplinarverfahren einleiten, die Abgeordneten im Stadtparlament wollen Klipp abwählen. Auch die Grünen machen mit, sagen sie. Oh Klipp!

Rolf Lautenschläger