Kita-Landschaft im Umbruch

Wie zuvor den Schulen, geht es jetzt den Kindergärten an die Existenz: Weil der Nachwuchs ausbleibt, müssen demnächst Kitas geschlossen werden. Sozialressort will behutsam sein und legt statt Streichliste erstmal Zahlenanalyse vor

Bremen taz ■ Die Bremer werden weniger, auch die Kleinen. Weil die demographische Entwicklung, also der Bevölkerungsrückgang, in vollem Gange ist, werden auf absehbare Zeit weniger Schulen und Kindergärten gebraucht. Jetzt hat das Amt für Soziale Dienste (AfSD) in einer ersten Analyse Zahlen zusammengetragen, die Stadtteil für Stadtteil den Bedarf an Kindergartenplätzen in den kommenden Jahren benennen. Konkrete Pläne, welche Einrichtungen deshalb zu schließen seien, gibt es aber noch nicht. „Wir fangen jetzt an, die Daten zu überprüfen“, so Wiebke Rendigs vom AfSD. In jedem Stadtteil werde es einen runden Tisch mit Vertretern des Amts, der Kindergärten und ihrer Träger sowie des Beirats geben. Vor Ort soll geprüft werden, ob die Analyse des AfSD für den jeweiligen Stadtteil zutrifft. Heute steigt die erste dieser Veranstaltungen: in Blumenthal.

Im Bremer Norden würde es 2008 bei Beibehaltung des aktuellen Angebots 339 Kitaplätze zu viel geben. Auf der linken Weserseite wären es nach der Behördenzählung 161 Kindergarten- und 225 Hortplätze zu viel, in Osterholz und Hemelingen 231 Kita- und 179 Hortplätze. In Findorff, Mitte und Östliche Vorstadt weist die Liste 17 Kitaplätze zu wenig aus. Der größte Bedarf wird für Oberneuland prognostiziert: 56 Kitaplätze und 114 Hortplätze zu wenig.

Im Schulbereich wurde begonnen, was nun für die Kindergärten ansteht: Hier gibt es das so genannten Standortkonzept aus dem Hause des Bildungssenators, das erste Schließungen und Zusammenlegungen von Schulen vorsieht – und dafür von Eltern und Lehrern heftig kritisiert wird. Deshalb will das Sozialressort offenbar einen anderen Weg gehen: Anstatt gleich mit einer Schließungsliste aufzuwarten, will das Ressort alle Beteiligten einbeziehen und gemeinsam mit Einrichtungen, Trägern und Beiräten erarbeiten, welche Kitas es treffen könnte. Wiebke Rendigs hofft, bis Januar eine erste Liste vorlegen zu können.

Die Grünen kritisieren das Papier, das am Dienstag auch Thema im Jugendhilfeausschuss war. Hauptkritikpunkt: Die Betrachtung der Betreuung der Unter-Dreijährigen fehlt komplett. Die derzeit vorhandenen Angebote seien „bei weitem nicht ausreichend“, so Jens Crueger, jugendpolitischer Sprecher der Grünen. Was im Bereich der Drei- bis Sechsjährigen wegfalle, müsse in diesen Bereich gesteckt werden: „Wir wollen die so frei werdenden Raum- und Personalkapazitäten nutzen, um auch für die Kleinsten mehr Betreuungsangebote in den Kindergärten zu schaffen.“

So sehr die Notwendigkeit von allen Beteiligten anerkannt wird, so schwierig dürfte es werden: Zum einen ist Bremen pleite, zum anderen ist derzeit unklar, was aus dem Tagesbetreuungs-Ausbaugesetz auf Bundesebene wird, das mehr Plätze für Unter-Dreijährige schaffen soll.

Frank Pietrzok, sozial- und jugendpolitischer Sprecher der SPD, verweist auf die noch nicht abgeschlossene Haushaltsaufstellung und nennt die Grünen-Kritik „Herausforderung an uns, uns da zu engagieren.“ Nur: „Wir können jetzt noch nicht versprechen, dass uns das gelingt.“

Beim größten freien Träger, der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK), betrachtet man den anstehenden Prozess aufmerksam. Ilse Wehrmann, Leiterin der evangelischen Kindertageseinrichtungen, verweist auf das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern und schlägt für kommende Verhandlungen schon einen Pflock ein: „Wir haben keine Absicht, uns zu reduzieren.“

Susanne Gieffers