Bundesliga-Aufsteiger Ingolstadt: Vom Einfachen das Gute

Der Aufsteiger stößt nach dem Sieg gegen Frankfurt ins obere Tabellendrittel vor. Weil es sich auf das Wesentliche konzentriert.

Mann in schwarzer Hose und rotem Trikot rutscht jubelnd über den Rasen

Auf dem Boden geblieben: Ingostadts Pascal Groß jubelt nach seinem Treffer zum 1:0 gegen Frankfurt Foto: dpa

INGOLSTADT taz | Seinen Kommentar zum Spiel gab der Trainer von Eintracht Frankfurt, Armin Veh, nicht auf der Pressekonferenz ab, sondern bereits mitten in der Partie, nach 61 Spielminuten, am Rande des Spielfelds. „Mensch, das ist eine Scheiße!“, schrie Veh, und vor lauter Wut knickten ihm für einem Moment sogar die Knie weg.

Da die Pressetribüne im Ingolstädter Stadion direkt hinter der Ersatzbank des Auswärtsteams liegt, hörten die Reporter Vehs treffende Matchanalyse praktischerweise gleich mit. Der 2:0-Erfolg des FC Ingolstadt über die Eintracht, der erste Heimsieg im ersten Ingolstädter Bundesligajahr, zeigte, dass es für solche historische Erlebnisse manchmal gar keine Heldentaten braucht: Mit ihrem biederen, aber herzhaften Fußball waren die Ingolstädter am Samstag besser als ihr lebloser Gegner.

Auch im Jahr 2015, in dem die Bundesliga als globales Sportereignis bis nach Asien live übertragen wird, existiert noch das banale Urproblem des Fußballs: Gelegentlich ist das Spiel einfach langweilig. „Ich habe ja schon einige schlechte Spiele mitgemacht“, machte Frankfurts Verteidiger Marco Russ wenigstens nach dem Schlusspfiff seine Erfahrung aus gut einem Jahrzehnt Bundesliga geltend, „aber das war mit Abstand das schlechteste; eine Frechheit, was wir gespielt haben, ein Wahnsinn!“

Es war ein Spiel, in dem vor allem auffiel, was alles fehlte: Tempo, Dynamik und, auf Seiten der Frankfurter, auch geradezu verblüffend oft die nötige Präzision. Größenteils waren es nur drei Eintracht-Spieler, Stefan Reinartz, Alex Meier und Carlos Zambrano, die saubere Pässe spielten. Da wird es schwierig.

Vor kurzem noch gewöhnliche Zweitliga-Kicker

Ingolstadt braucht sich nicht zu schämen, dass es sich mit Spielern, die bis vor Kurzem weitestgehend noch gewöhnliche Zweitliga-Kicker waren, darauf konzentrierte, die einfachen Dinge des Spiels richtig zu machen, den Spielraum verrammeln, Zweikämpfe gewinnen, zaghaft kombinieren und darauf hoffen, dass ihnen ein Geistesblitz in 90 Minuten schon gelingen wird.

Dafür haben sie Pascal Groß, Sohn des ehemaligen Karlsruher Bundesligaspielers Stephan Groß. Mit seinem feinen rechten Fuß schlägt Pascal Groß wunderbar gebogene Eckbälle und Freistöße, am Samstag konnte er den Ball nach 78 Minuten unbedrängt aus 20 Metern zum 1:0 ins Tor schießen. Es folgte gar noch das 2:0 durch Stefan Lex, als er alleine auf Frankfurts Torwart Lukas Hradecky zulief und dieser glatt am Ball vorbeirannte; offensichtlich, um eine Rote Karte für ein Foul zu vermeiden. Zwei Tore, „da haben wir es heute mal richtig krachen lassen“, sagte Lex – und lachte. War nur ein Witz, das mit dem Krachenlassen.

Frankfurts Verteidiger Marco Russ

„Ich habe ja schon einige schlechte Spiele mitgemacht, aber das war mit Abstand das schlechteste“

In der Tabelle jedoch lässt sich nicht ablesen, wie Siege zustande kommen. Da steht der FC Ingolstadt jetzt im Spitzendrittel. Die Sieger selbst allerdings waren realistisch genug, sich nicht für ein Spitzenteam zu halten. „Der Tabellenplatz zählt nach acht Spielen nicht“, sagte Lex, „nur die Punktzahl.“ Und die ist mit 14 Zählern für Ingolstadt beachtlich. Fleißig sein, zäh sein, das reicht auch 2015 in der Bundesliga, um unter den bescheideneren Teams emsig Punkte zu sammeln.

„Es ist in der Hinrunde definitiv einfacher, Punkte zu holen, wo uns noch keiner kennt und die Euphorie des Neuen uns trägt“, erklärte Kapitän Marvin Matip nüchtern. Das Beispiel des letztjährigen Aufsteigers SC Paderborn, der vor einem Jahr in diesem Stadium der Saison sogar die Tabelle anführte und dann doch abstieg, ist zu frisch, um Worte wie Märchen oder Traumstart zu verwenden.

Die Eintracht dagegen hat höhere Ziele. Aber nach dem Spiel sagte Trainer Veh, dann schon wieder im schönsten Pressekonferenzen-Diplomatie-Deutsch: „Ich denke, wir sollten uns Sorgen machen.“

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