Streit um zwei fragwürdige Todesurteile

Birma/Thailand In Birma wird gegen die Verurteilung zweier Landsleute in Thailand protestiert

BANGKOK taz | Zwei umstrittene Todesurteile gegen zwei birmesische Wanderarbeiter in Thailand wird zur Belastungsprobe für die Beziehungen zwischen beiden Staaten. Vertreter von Thailands Militärjunta riefen die Behörden in Birma (Myanmar) auf, Proteste gegen das Urteil einzudämmen. Diese begannen kurz nach dem Richterspruch am letzten Donnerstag in der früheren Hauptstadt Rangun und weiteten sich seitdem auf andere Orte aus. In Thailand gibt es keine Proteste: Das Militärregime lässt keine politischen Kundgebungen zu.

Thailands Junta reagiert auf Kritik und Widerstand routinemäßig mit der Behauptung, Gegner ihres Regimes seien gekauft oder manipuliert worden. So auch jetzt: Vizepremier General Prawit Wongsuwan erklärte, die Demonstranten in Birma seien „angestiftet” worden, um der Junta Probleme zu bereiten. Er habe eine polizeiliche Untersuchung eingeleitet, die klären soll, ob sich die angeblichen Hintermänner dieser Proteste in Thailand aufhielten.

Das Urteil des Gerichts auf der Ferieninsel Koh Samui löste internationale Kritik aus. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Angeklagten im September 2014 die britische Touristin Hannah Witheridge vergewaltigt und sie und ihren Bekannten David Miller ermordet haben. Zwar erkannte das Gericht, dass es bei den Ermittlungen zahlreiche Unregelmäßigkeiten gab. Eine DNA-Analyse habe die Angeklagten aber überführt.

Mehrere Experten, darunter Thailands führende Forensikerin, stellten jedoch diese Analyse in Frage. Für Aufsehen sorgte die Erklärung der Angeklagten während des Verfahrens, sie seien von Polizisten gefoltert und mit dem Tod bedroht und so zur Unterzeichnung eines Geständnisses gezwungen worden. Amnesty International forderte den Foltervorwürfen nachzugehen. Selbst Thailands regimenahe Menschenrechtskommission nannte die Vorwürfe „glaubwürdig”.

In Birma löste das Urteil einen Aufschrei aus. Seit dem Wochenende haben Demonstranten die vorübergehende Schließung zweier Grenzübergänge zu Thailand erzwungen. Die thailändische Botschaft in Rangun stellte ihren konsularischen Betrieb vorübergehend ein. Die Regierung in Bangkok rief thailändische Staatsangehörige im Nachbarland zu erhöhter Vorsicht auf.

Demonstranten versammelten sich in Rangun auch vor dem Haus der Demokratieführerin Aung San Suu Kyi. Ein führendes Mitglied ihrer Nationalliga für Demokratie (NLD) erklärte, ihre Partei werde den Verurteilten helfen. Selbst Birmas Armeechef General Min Aung Hlaing rief Thailands Behörden auf, die Beweise gegen die Verurteilen erneut zu prüfen. Kleinere Proteste gegen das Urteil gab es selbst in Sri Lanka und Japan. Die Myanmar Journalists Association rief ihre thailändischen Kollegen dazu auf, ­hinsichtlich der Morde „die Wahrheit” aufzudecken. Sascha Zastiral