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"Lieder aus Schützengräben"

Konzert Chansonniers singen französische Lieder des Ersten Weltkrieges. Die Texte passen wieder

Cornelia Strauß

Foto: privat

60, Studienleiterin der Blankeneser Gespräche und Mitorganisatorin des Chansonabends.

taz: Frau Strauß, warum sind 100 Jahre alte Chansons über den Kriegsalltag noch relevant?

Cornelia Strauß: Die Lieder handeln von den Schrecken eines modernen Krieges und stellen aktuelle Fragen – beispielsweise wie eine funktionierende Demokratie auszusehen hat. Besonders das vergangene Jahr hat gezeigt, dass sich Europa und die ganze Welt verändert haben. Krieg, Terror und Flüchtlinge, die zu uns kommen, bestimmen unser Leben. In diesen Zeiten werden die alten Texte wieder brandaktuell, denn sie sind gegen Krieg und für Demokratie geschrieben.

Wie entstand die Idee, die historischen Lieder auf die Bühne zu bringen?

Wir haben bereits 2014 anlässlich der 100-jährigen Wiederkehr des Ersten Weltkrieges die französischen Chansonniers Coko und Danito eingeladen. Der Auftritt hat uns damals sehr berührt. Die Sänger haben die Lieder aus den Archiven der französischen Nationalbibliothek ausgegraben und so die Gesänge aus den Schützengräben wiederbelebt. Während des Weltkrieges wurden sie auch mit der Bevölkerung in der zerstörten Heimat gesungen.

Warum lassen Sie die französischen Chansonsänger nun mit dem Hamburger Lotsenchor auftreten?

Es geht dabei um die deutsch-französische Begegnung. Diese, sowie die gesamte europäische Gemeinschaft, muss weiter gestärkt werden. Der Lotsenchor wird deshalb unsere Gäste begrüßen und für sie zwei Friedenslieder der See singen.

Wie haben sie die Zusammenarbeit mit den französischen Künstlern erlebt?

Als ein sehr emotionales Erlebnis. Die beiden sind professionelle Musiker und die Lieder wirken sehr modern und sind auch in einer zeitgemäßen Sprache geschrieben. Ich habe die Texte ins Deutsche übersetzt, damit das Publikum sie auch inhaltlich verfolgen kann.

Welche Botschaft wollen Sie dem Publikum vermitteln?

Dass jeder die Aufgabe hat, sich dafür einzusetzen, die Demokratie zu erhalten. Es muss überall in Europa für Gleichberechtigung, Menschenrechte und Meinungsfreiheit eingestanden werden. Einen kleinen Beitrag leisten Coko und Danito, die sich hinstellen und öffentlich Stellung beziehen. Wir können Veränderungen und Bewegung auslösen. Genau das vermitteln die 100 Jahre alten Lieder.

Interview: Melina Seiler

Konzert „Le Cri du Poilu“: 20 Uhr, Heidebarghof Osdorf, Langelohstr. 141; 12 Euro Eintritt