Strafe für Unwissenheit

NAHOST Die Weserterrassen haben nach Antisemitismus-Vorwürfen eine Lesung von Arn Strohmeyer abgesagt. Ob die Vorwürfe stimmen, wissen die Veranstalter freilich nicht

Immer mal wieder richtet die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft (DPG) Veranstaltungen im Bürgerhaus Weserterassen aus und wollte das auch am vergangenen Dienstag tun: Der Publizist Arn Strohmeyer sollte aus seinem Buch „Antisemitismus – Philosemitismus und der Palästina-Konflikt“ lesen. Aber dann kam die Mail von Benjamin Weinthal, Korrespondent der Jerusalem Post.

„Er fragte uns, ob wir städtischen Raum für Hass und Antisemitismus öffnen wollen“, sagt Stephan Pleyn, Leiter des Bürgerhauses. „Er mailte, dass es sich bei der Lesung um eine anti-israelische Veranstaltung handele und verwies auf Boykott-Kampagnen gegen Produkte aus israelischen Siedlungen, die es, unterstützt von Strohmeyer, in Bremen gegeben habe.“ Außerdem habe Weinthal auf den gestrigen 27. Januar verwiesen, den Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust.

Pleyn sollte sich bis Montagabend zu Weinthals Mail äußern, sonst würden seine Behauptungen in der ‚Jerusalem Post‘ abgedruckt – so auch die, dass die Stadt Bremen offensichtlich falsche Schlüsse aus dem Holocaust ziehe. „Das habe ich schon als Druck empfunden“, sagt Pleyn, „aber für uns war der Gedenktag ausschlaggebend – gerade jetzt kann ein israel-kritisches Buch Menschen besonders treffen.“

Das Buch kennt er indes nicht: „Ich weiß also nicht, ob es antisemitisch ist oder nicht.“ Mit der DPG hatte das Bürgerhaus laut Pleyn noch nie Probleme, „und auch mit Arn Strohmeyer gab es keine“. Der habe auf die Absage mit Verständnis reagiert. Die Protestaktion, die er Dienstagabend vorm Bürgerhaus veranstaltet hat, „richtete sich nicht gegen uns, sondern gegen Weinthal und gegen die Behauptung, er sei Antisemit“.

Die ist freilich nicht neu, denn Strohmeyers harsche Israelkritik, nachzulesen in zahlreichen Büchern, Artikeln und seiner Internetseite „palaestina-portal“ sowie seine Unterstützung von Boykottaktionen gegen Produkte aus israelischen Siedlungen rufen schon seit Jahren KritikerInnen auf den Plan. An Pleyn ist das bisher vorbeigegangen: „Ich bin mit dem Thema nicht befasst.“

Das will er ändern. Er überlegt, einen Diskussionsabend zum Thema Nahost-Konflikt im Bürgerhaus zu veranstalten: „Da können sich unterschiedliche Akteure, vielleicht auch von der Landeszentrale für politische Bildung, austauschen.“ Strohmeyers Buch könne in diesem Rahmen dann auch thematisiert werden.

Künftig, sagt Pleyn, müsse das Bürgerhaus als Veranstalter besser darauf achten, was zu welchem Termin dort stattfinde: „Ich ärgere mich schon, dass wir nicht von selbst darauf gekommen sind, dass der Termin unglücklich war.“ Aufgrund zahlreicher Reaktionen auf die Absage der Lesung habe er gemerkt, „wie emotionalisiert und engagiert die Debatte geführt wird“. Deswegen, sagt Pleyn, fühle er sich darin bestätigt, „dass es gut war, die Veranstaltung abzusagen“. SCHN