Kulturminister als nationaler Rechtsaußen

Kroatien Hunderte Kulturschaffende fordern die Absetzung von Kulturminister Zlatko Hasanbegović

In der dritten Reihe in der Mitte: Zlatko Hasanbegovic Foto: Foto:dpa/epa

SARAJEVO taz | Die Proteste gegen den neuen kroatischen Kulturminister Zlatko Hasanbegovićreißen nicht ab. Mehr als 1.130 Kulturschaffende fordern in einem Protestbrief die Ablösung des Historikers, der von den zumeist aus der Linken stammenden Kulturszene als Rechtsaußen der neuen Regierung angesehen wird. Auch am Freitag kam es wieder zu Protestaktionen in Zagreb. Sie richten sich vor allem gegen die Eingriffe in die Selbstverwaltungsstrukturen des Kulturbetriebs, die Ha­sanbegovićsofort nach Amtsantritt vorgenommen hat. Vor allem linke und grüne Projekte sollen nicht mehr staatlich gefördert werden, befürchten viele der Demonstranten. Zudem haben Hasanbegovićs Äußerungen zum Antifaschismus und zum Tito-Regime die Proteste beflügelt.

Zlatan Hasanbegovićhat sich als Mitglied des „Bleiburger Ehrenzuges“ politisch selbst klar rechts positioniert und Partei gegen die Antifaschisten des Zweiten Weltkrieges bezogen. In der österreichischen Stadt Bleiburg waren nach der Kapitulation Deutschlands und des Unabhängigen Kroatischen Staates NDH (Ustascha-Staat) 1945 Zehntausende von den Briten internierte Mitglieder der kroatischen Heimwehr und Träger des Regimes von den Partisanen ermordet worden. Ein Racheakt, der bis heute nationale Emotionen in Kroatien schürt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden unter dem Staatsgründer des Sozialistischen Jugoslawien, Josip Broz, genannt Tito, viele Kriegsverbrecher und Funktionsträger aus dem Lager der Nationalisten, der kroatischen Ustaschen und der serbischen Tschetniks zu harten Strafen verurteilt.

Während das linke Lager, wie der bekannte Historiker Slavko Goldstein, bis heute den Sieg des Tito-Regimes gegen die Nazis und Nationalisten und den späteren Kampf Titos gegen den Stalinismus als einen Sieg über Barbarei und Totalitarismus interpretiert, sehen Historiker aus dem rechten Lager (den aus Kroatien stammenden) Tito als Diktator an, der mit der „Phraseologie des Antifaschismus“ einen Kampf gegen alle national empfindenden Kroaten geführt habe.

Hasanbegovićist als Historiker vor allem mit dem Werk „Muslime in Zagreb“ bekannt geworden. Politisch vertritt er die durch den Gründer des Ustascha-Staates Ante Pavelićc propagierte These, die bosnischen Muslime und die Kroaten seien eine Nation mit unterschiedlichen Religionen.

Dieser Bosnien einschließende Nationalismus verkompliziert jetzt die politische Lage im rechten Lager Kroatiens. Franjo Tudjman, Staatsgründer des neuen Kroatiens 1991, war im Zweiten Weltkrieg selbst Partisanengeneral. Tudjman versuchte mit der Gründung der Partei HDZ Ende der 80er Jahre kroatische Nationalisten und Partisanen miteinander zu versöhnen und so fähig zu werden, den Unabhängigkeitskrieg 1991–95 zu führen.

Die Personalpolitik des jetzigen Parteichefs, Ex-Geheimdienstchef Tomislav Karamarko, lässt jedoch darauf schließen, dass der bürgerliche und ehemals antifaschistische Parteiflügel der HDZ an Einfluss verliert. Die HDZ scheint nach rechts zu rücken. Erich Rathfelder