Währung Bargeld abschaffen? Das wäre auch ästhetisch ein großer Verlust. Drei Schweizer Designer sammelten 11 Jahre lang Geldscheine aus aller Welt
: Schöner Schein

von Geraldine Oetken

Fassen Sie die Zeitung an, streichen Sie über die Bilder. Nehmen Sie sie zwischen die Finger. Knistern und rascheln Sie, haben Sie einen Geldschein im Portemonnaie oder leben Sie schon bargeldlos? Knistern Sie, fühlen Sie mal.

45 Gramm wiegt das Zeitungspapier pro Quadratmeter, ein Euroschein ungefähr 90 Gramm. Die Seiten des Bildbands „Money“ haben sich mit 80 Gramm an die weiche Beschaffenheit der Banknoten angenähert. Nur nicht so abgegriffen wie die Scheine sind die Seiten, sondern glatt und glänzend. Die stark vergrößerten Stahldrucke rauschen beim Blättern als flimmernde Bildchen vorbei, prall füllen sie alle Seiten und das Cover, innen ist gleich außen. Hat der Leser das Buch nur in die Hand genommen, tritt er schon in die Motive ein. Leser? Außer Titel, Impressum und zwei Sätzen auf der letzten Seite gibt es nichts zu lesen, nur zu sehen. Ohne Info-Beipackzettel fehlt die Einordnung von wer-wo-was-wann, und beim Durchblättern wird schnell vergessen, dass die Drucke Währungen sind.

Idyllischer Alltag, schöne Frauen, noch schönere Natur, glückliche Familien, starke Arbeiter, starke Sportlerhelden, Fortschritt und Tradition. Wie heil diese Welt doch sein kann. Jede Nation erzählt durch die Währung ihre eigene idealisierte Geschichte. Nebeneinander ergeben die Bilder eine visuelle Hymne auf die Welt, wie diese sich selbst sehen will. Auf 222 Abbildungen gibt sie sich stark, halbwegs friedlich und wahnsinnig erhaben.

„Die Bilder sollen hintereinander eine spannende Reise ergeben“, sagt die Designerin Tania Prill. Zwischen hohen Bergen, sanften Meeren und geschwungenen Flüssen ist der Euro nicht zu sehen. Warum? „Eine ästhetische Entscheidung“, sagt Prill.

Als sich die EU auf das Design der Euro­scheine festlegte, wählte man die Symbolik der fiktiven Brücken, die die Natio­nen über ihre gemeinsame Währung verbinden sollten. Doch heute, 15 Jahre nach der Einführung des Euros, diskutieren die Länder über Grexits und Brexits, über Zaunbau und Grenzsicherung.

Überhaupt muss das Bargeld der Euro­zone zittern. Finanzminister Schäuble fordert ein Verbot von Barzahlungen über 5.000 Euro, und die EZB überlegt, den 500-Euro-Schein abzuschaffen. Damit sollen Steuerbetrug und Geldwäsche bekämpft werden. Auch der Einzelhandel in der Stadt Kleve verzichtet seit dem 1. Februar auf Ein- und Zwei-Cent-Stücke, weil der örtlichen Sparkasse die Bereitstellung zu teuer ist.

Doch 2014 wurden laut einer Studie der Deutschen Bundesbank 53 Prozent der Zahlungen in Deutschland bar getätigt. 103 Euro befinden sich durchschnittlich im deutschen Portemonnaie, wo sie rascheln und ihre Bildchen gegen die abgenutzte Innenseite drücken. Wissen Sie noch, wie die Scheine genau aussehen?

Tania Prill, Alberto Vieceli und Sebastian Cremers haben im Januar den Bildband „Money“ im Verlag Edition Patrick Frey herausgegeben