Geht's noch?
: Der Stammtisch siegt

Die Gemeinde Zorneding hat wieder ein Pfarrer. Gegen den neuen kann jetzt wirklich niemand mehr etwas haben

Für die katholische Kirche war es eine normale Woche: In Frankreich steht ein Erzbischof im Verdacht, einen Missbrauchsfall vertuscht zu haben; und in Texas wurde ein als „spritueller Führer“ gefeierter Befreiungstheologe tot in seiner Wohnung aufgefunden. Gegen den Priester war eine Klage wegen sexuellen Missbrauchs eingereicht worden. Die Ermittler gehen von Selbstmord aus.

Da tut es gut, wenn in einem katholischen Kernland ein Zeichen gesetzt wird. Für den rassistisch bedrohten und so aus dem oberbayerischen Zorneding vertriebenen Pfarrer Olivier Ndjim­bi-Tshiende hat sich ein Nachfolger gefunden. Walter Wakenhut, 73 Jahre alt und Bayer, kehrt aus dem Ruhestand zurück, um die Gemeinde bis Herbst 2016 zu leiten. Wakenhut war seit 1990 Militärpfarrer und brachte es bis in die höchste Position eines Militärgeneralvikars. Dazu ernannt hatte ihn Prügelbischof Walter Mixa, dessen Amt Wakenhut nach Mixas Rücktritt eine Zeitlang kommissarisch übernahm.

„Ein Riss geht durch Zorneding“ hieß es kürzlich in einer Reportage des TV-Magazins „quer“. 3.000 Menschen gingen Anfang März in der 9.000-Seelen-Gemeinde auf die Straße, um ihre Unterstützung für Pfarrer Ndjimbi-­Tshiende zu zeigen. Die Kollegen vom bayerischen Rundfunk ließen aber auch den Mann vom Stammtisch zu Wort kommen. Der analysierte schmunzelnd: „I glaab scho, dass a deitscher Pfarrer kimmt.“ Warum? Weil sich „d’Kirch’ des ned no amoi oduad.“

Auf Hochdeutsch: Das zuständige Bistum München-Freising werde darauf, dass ein Pfarrer sich in Zorneding seines Lebens nicht mehr sicher fühlte, reagieren, indem es einen Kollegen entsendet, gegen den kein Rassist oder auch nur Bierdimpfl etwas haben kann. In Bayern hat jeder dritte Pfarrer Migrationshintergrund, Militärhintergrund haben deutlich weniger. Walter Wakenhut tut man kein Unrecht, wenn man ihn nach Durchsicht seiner nicht immer unproblematischen öffentlichen Äußerungen einen konservativen Katholiken nennt – um es mal ganz farbenblind zu sagen. Der Mann am Stammtisch jedenfalls kennt seine Kirche. Ambros Waibel