Neuer Sound für H&M

Aufstehn mit Bots

In meiner Tasche befindet sich ein H&M-Gutschein, warum auch immer, irgendwie ist er da reingekommen. Jetzt möchte ich ihn gegen Kleidungsstücke eintauschen. Weil ich erst am Mittag in der Filiale auftauche, ist sie natürlich übervoll. Die Schülerinnen haben schon frei und die anderen sind auch alle da. Mit einem Klickratschen werden Bügel zur Seite geschoben, während überlaut ein Song aus verborgenen Boxen dröhnt. Eine Frau singt was Englisches mit bauchiger, aber bemerkenswert hoher Löwenstimme. Übersetzt bedeuten ihre Worte in etwa: Und wenn du morgen, wenn ich aufwache, nicht neben mir liegst, dann kriege ich den totalen Fön, weil – und jetzt kommt die Begründung – du der tollste Mann bist, den ich jemals gesehen habe. Wahrscheinlich ist das Lied mehr für die Dessousabteilung gedacht, denn es steckt ja eine Warnung darin: Was passiert, wenn der tollste Mann der Welt wirklich neben einem aufwacht? Hm? Was dann? Schon mal daran gedacht?

Uninspiriert halte ich einen Pullover hoch und schiele zur Anprobe. Dort steht eine Schlange von etwa fünfzehn Frauen. Ich hänge den Pullover wieder weg, verlasse das Geschäft und schwinge mich auf mein Rad. Ich freue mich schon sehr auf die Fahrt, weil ich auf dem Weg zu H&M starken Gegenwind hatte. Deshalb rechne ich natürlich damit, auf dem Rückweg in einem Affenzahn durch die Stadt gepustet zu werden, aber der Wind kommt wieder von vorne. Wie er das nur immer macht, dieser Wind. Strampelnd stelle ich mir andere Musik für H&M vor, bessere Musik, zum Beispiel den uralten unbekannten 70er-Jahre-Nicht-Hit der holländischen Gruppe Bots: Alle, die nicht gern Instantbrühe trinken, sollen aufstehn. So was in der Art. Das wär doch mal was. KATHARINA HEIN