Lebenszeichen aus Chibok

Nigeria Zum Jahrestag der Entführung von Schulmädchen durch Boko Haram sorgt ein neues Video für Hoffnung. Polizei in Hauptstadt hält Gedenken vom Präsidenten fern

Rote Bändchen in Abuja zum Gedenken an die Verschwundenen Foto: Sotunde/reuters

Aus Abuja Katrin Gänsler

Es sorgt für Hoffnung, Tränen und Skepsis: das neue Video der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram, das dem Nachrichtensender CNN zugespielt worden ist. 15 der darauf zu sehenden Mädchen sind von ihren Eltern als Opfer der Entführung von damals 276 Schulmädchen aus dem Ort Chibok vor zwei Jahren identifiziert worden. Es könnte von ihnen ein erstes Lebenszeichen sein. Der Sender veröffentlichte das Video in der Nacht zum Donnerstag.

Während des Gedenkens der Bewegung #BringBackOurGirls – durch ihre gleichnamige Twitterkampagne machte sie 2014 weltweit Schlagzeilen – in Nigerias Hauptstadt Abuja am Donnerstag ist das Video das Gesprächsthema Nummer eins. Für viele Aktivisten ist es ein Zeichen dafür, dass ihr täglicher Protest nicht vergebens war und dass man die Mädchen, die heute zwischen 18 und 20 Jahre alt sind, lebendig zurückbringen könnte.

Trotzdem kommen beim Betrachten Zweifel auf. Aufnahmedatum ist angeblich der 25. Dezember 2015, der erste Weihnachtsfeiertag. „Neu ist das Video tatsächlich nicht“, gibt auch Tsambido Hosea-Abana, Vorsitzender der Chibok-Gemeinschaft in Abuja, zu. „Vielleicht stammt es sogar aus der Zeit, in der die Entführung stattfand.“ Das hält auch Mausi Segun, Nigeria-Expertin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), für möglich. Ihrer Einschätzung ähneln die Gesichter sehr dem aus dem bisher einzig bekannten Video der Entführungsopfer, das vom Mai 2014 stammt.

Dass die Bilder alt sind, aber jetzt erst auftauchen, könnte ein Erpressungsversuch sein. Im Gegensatz zu offiziellen Beteuerungen gilt Boko Haram im Nordosten Nigerias längst nicht als besiegt. Doch die Miliz ist auf dem Rückzug und wirkt geschwächt. Es ist es gut möglich, dass ihr langsam das Geld ausgeht. Vor ein paar Tagen gab es bereits Gerüchte über eine Lösegeldforderung in Höhe von 50 Millionen US-Dollar für die Chibok-Mädchen, was Nigerias Regierung jedoch dementiert hat.

Falls das Video doch neueren Datums ist, wäre es für die Eltern und Unterstützer aber ein wichtiges Zeichen der Hoffnung und könnte den Druck auf die Regierung erhöhen. Für den Druck haben am Donnerstag in Abuja die #BringBackOurGirls-Demonstranten gesorgt. Ziel war die „Villa“, der Amtssitz von Präsident Muhammadu Buhari. Einlass haben die Demonstranten jedoch nicht erhalten – aus „Sicherheitsgründen“. Dabei wäre die „Villa“ sicherlich nicht von einem wütenden Mob gestürmt worden. Am Anfang waren lediglich rund 30 Unterstützer gekommen.