Kosten des Braunkohletagebaus: Der Atomausstieg als Vorbild

Die Folgekosten des Braunkohletagebaus sind unklar. Konzerne können sie auf die Allgemeinheit abwälzen. Davor warnt eine neue Studie.

Stillstehender Schaufelradbagger

Schaufelradbagger in Welzow-Süd, Brandenburg Foto: dpa

POTSDAM taz | Der Staat muss in Zukunft Milliardensummen für die Folgekosten des Braunkohletagebaus aufkommen, wenn er jetzt nicht handelt. Das ist Ergebnis einer Studie (pdf) des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) und des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS).

Die Höhe der anfallenden Kosten sei unklar. Die Rechtslage lasse den Bergbauunternehmen Schlupflöcher, um sich vor ihnen zu drücken, kritisierten die Au­toren der Studie auf einer Pressekonferenz in Potsdam.

Was wird es kosten, in den großen Braunkohlerevieren in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen wieder einen sich selbst regulierenden Grundwasserhaushalt zu schaffen? Die oft mehrere hundert Meter tiefen Böschungen zu sichern? Vergiftete Böden zu säubern oder das riesige Gerät zu verschrotten? Wie hoch sind die „Ewigkeitskosten“, etwa dauerhaftes Wasserpumpen?

All das seien ungeklärte Fragen, sagte Dominik Schäuble vom IAAS in Potsdam. Fest stünde nur, dass die Ausgaben langfristig seien und noch in 30, 40 oder 80 Jahren anfallen könnten. Einen Anhaltspunkt über die Höhe liefern die Altlasten des DDR-Tagebaus in den Lausitzer und mitteldeutschen Revieren, die auf insgesamt 16,3 Milliarden Euro geschätzt werden. „Wir brauchen ein unabhängiges Kostengutachten, das Bund und die betroffenen Länder in Auftrag geben müssen“, fordert Rupert Wronski vom FÖS.

Öffentlich-rechtlicher Fonds vorgeschlagen

Der Unsicherheit der Folgekosten stünden unzureichende Rücklagen der Unternehmen gegenüber, so Schäuble. 2014 hatten die drei Braunkohle-Unternehmen RWE aus Essen, der Schwedische Vattenfall-Konzern und die Mibrag mit Sitz in Zeitz zusammen laut der Studie Rücklagen in Höhe von 3,2 Milliarden Euro gebildet. Davon trägt RWE 60 Prozent und Vattenfall 34 Prozent. Diese Summe lässt sich den Jahresabschlüssen der Konzerne entnehmen.

Details – etwa in welchen Zeiträumen die Gelder bereitstehen oder für was genau sie eingeplant sind – gehen daraus nicht hervor. Notwendig sei, die Berichtspflichten der Bergbauunternehmen auszuweiten, um für mehr Transparenz zu sorgen, heißt es in der Studie. Zudem schlagen die Autoren einen öffentlich-rechtlichen Fonds vor, in den die Unternehmen einzahlen.

Rupert Wronski, FÖS

„Wir brauchen ein unabhängiges Kostengutachten“

„In der Atomwirtschaft haben wir die Diskussion über die Folgekosten längst“, sagt Stefanie Langkamp von der Klima-Allianz Deutschland, „jetzt brauchen wir sie für die Braunkohle“. Die wirtschaftlichen Erwartungen von RWE seien schlecht, der tschechische Konzern EPH, der die Braunkohle-Sparte von Vattenfall gekauft habe, sei ein Unternehmen von eher zweifelhaftem Ruf. „Ich kann den betroffenen Landesregierungen nur dringend raten, die Rückstellungen langfristig zu sichern“, so Langkamp.

Der Wirtschaftsminister Brandenburgs sieht in der Studie einen „neuen Versuch, die Braunkohle zu diskreditieren“. Wichtig seien die Versorgungssicherheit und der Erhalt von Arbeitsplätzen, so Albrecht Gerber (SPD). Das Bergrecht sichere die Öffentlichkeit ausreichend ab. Fachleute des Ministeriums würden die Studie aber prüfen. In Auftrag gegeben haben sie die Heinrich-Böll-Stiftung, die Rosa-Luxemburg-Stiftung, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sowie die Klima-Allianz Deutschland.

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