EMtaz: Schwarz-Rot-Gold: Grüne Party-Killer?

Bei der Grünen Jugend heißt es, deutsche Flaggen beflügelten rassistische Brandstifter. Quatsch, klar, aber: Klappern gehört zum Handwerk.

Ein Auto mit vielen Deutschland-Fahnen und -Aufklebern

Ganz normal beflaggtes Auto Foto: dpa

Freitag postete, sozusagen mit dem Anpfiff zur EM, die Grüne Jugend Rheinland-Pfalz, das historisch ungefähr Alleruninformierteste und Links-Klischeehafteste zur Frage: Wie steht’s ums Nationale? Unter dem Titel „Patriotismus = Nationalismus / Fußballfans Fahnen runter!“ heißt es: „Nationalismus ist eine Form von Patriotismus. Wer sich als patriotisch definiert, grenzt Andere aus. Die Wirkung von Patriotismus hat immerzu Konsequenzen und wird besonders dort deutlich, wo er sich als aggressive Form darstellt und das Andere als Feind stigmatisiert. Zur Fußballeuropameisterschaft fordern wir alle Fans dazu auf, nationalistischem Gedankengut keinen Raum zu lassen! Fußballfans Fahnen runter!“

Wahr ist: Kein Flüchtlingsheim wurde angezündet im Angesicht patriotischer Gefühle während eines Fußballturniers. Aber die obige Aussage ist auch deshalb ungebildet und falsch, weil die deutsche Flaggenfarbkombi eine demokratisch gewollte ist und außerdem Rechte und Völkische, wie die Nazis einst es taten, am liebsten die deutsche Trikolore auslöschen möchten. Völkische, nationalistische Fahnen deutscher Art sehen anders aus. Schwarz-Rot-Gold wurde während der Weimarer Republik von Rechten als „Schwarz-Rot-Senf“ (Senf wie: scheißefarben) denunziert.

Aber okay, in jugendlich-grünen-linken Kreisen wird eben Mainstreamunwissen verbreitet, auch okay. Die entsprechenden Kommentare kamen von Kanzleramtsminister Peter Altmaier: „Grüne Jugend kapiert’s nicht: Fahnen der Fans sind das Gegenteil der Fahnen von einst: Symbol für weltoffenes, sympathisches Deutschland“, was als Aussage im Übrigen je­de*r überprüfen kann, indem er oder sie durch unsere migrantischen Viertel fährt. Fenster über Fenster, Fahrzeuge und Fahrräder geschmückt mit vorfreudigem Schwarz-Rot-Gold-Schmuck (oder -Tinnef, je nach Geschmack).

Sehr viele haben auf diesen grünen Teenager-Tweet reagiert, CSU-Leute, auch Jürgen Trittin, einer aus der senioralen Grünenabteilung, der der deutschen Mannschaft im „grünen Auswärtstrikot“ die Daumen drückt. Auch die Berliner Spitzenökos Bettina Jarasch und Daniel Wesener wollen den möglichen Flurschaden (Veggieday!, Liter Benzin 5 Mark!) begrenzen und erklären, alle sollen ihre Freude am Fußball ausleben, ob mit oder ohne Fahne. Der Berliner Lokalzeitung Tagesspiegel – multiplikatorisch wichtig für die Abgeordnetenhauswahlen im Herbst – sagten sie: „Wir hoffen auf eine friedliche EM. […] Eine EM, bei der rassistische Beleidigungen oder das Herabwürdigen anderer Länder keinen Platz haben.“ Was Eltern so sagen, wenn die Kinder mal wieder flegelig wurden.

Marketingtechnisch alles richtig gemacht

Ob sie nun recht haben, die rheinland-pfälzischen Grünen, oder auch nicht, ob sie mit ihrer notorisch postnationalen Haltung ernsthaft Anschluss an die höchstwahrscheinlich vierwöchige Partystimmung in Kneipen, Wohnzimmern und am Brandenburger Tor finden, ist andererseits gleichgültig: Die Parteigrünen sind ja nicht wesentlich angefochten durch die völkische Bewegung der AfD, sie schunkeln gemütlich einer deutlichen Ergebnissteigerung bei allen Wahlen entgegen. Ihr Publikum ist polyglott verständig, und es mag rohe „Deutschland, Deutschland“-Rufer*innen nicht, allein schon aus wohlgewählter Distanz zu rauen Menschen, wie es sie in den Partyzonen (Ballermann o. ä.) rudelweise gibt.

Den Nachwuchs­grünen hätte nichts Besseres ­einfallen können

Was der Flaggenabstinenzruf echt bedeutet, ist vor allem dies: Grüne Jugendliche, und seien es die aus Rheinland-Pfalz, sind jetzt bekannter als vorher. Sie machten Wirbel, auf den sich – wie auch dieser Text – viele beziehen. Marketingtechnisch hätte diesen Nachwuchsgrünen nichts Besseres einfallen können.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.