Die ehemaligen Rebellen wollen nach Hause

KONGO Seit vier Jahren harren die Exkämpfer in Lagern aus. Das führt zu Protesten und Gewalt

VON Simone Schlindwein

BERLIN taz | „Wir werden nach Hause gehen“, schreibt der ehemalige Rebellen-Oberst Benjamin Matembera via Facebook aus einem Militärlager im Südwesten der Demokratischen Republik Kongo. Er ist einer der Abertausenden demobilisierten Kämpfer verschiedener Milizen, die in den vergangenen Jahren in der Bürgerkriegsregion ihre Waffe niedergelegt hatten. „Ich freue mich auf meine Familie, die ich seit vier Jahren nicht gesehen habe“, jubelte er vor einer Woche.

Doch dann fallen in der heruntergekommenen Kaserne Schüsse. Sechs ehemalige Kämpfer und drei Soldaten der Regierungsarmee seien getötet worden, meldet die Bill-Clinton-Stiftung für Frieden, eine NGO in Kongos Hauptstadt Kinshasa. Regierungssprecher Lambert Mende spricht von einem Toten. Die Exrebellen hätten einen Lagerbeauftragten ermordet. Die ehemaligen Rebellen sprechen von 27 Toten.

Zu den Auseinandersetzungen war es vergangenen Mittwoch gekommen. Wieder einmal war der Termin für die Heimreise abgelaufen, ohne dass etwas geschah: „Die Regierung hat uns versprochen, dass wir im Juni nach Hause dürfen“, hatte Oberst Matembera zuvor verkündet. Er drohte mit friedlichen Protesten, falls das Versprechen nicht eingehalten wird. Als die über 600 Exkämpfer in Kamina tatsächlich demonstrierten, wurden die Proteste niedergeschlagen.

Internationale Menschenrechtsorganisationen kritisieren Kongos Regierung schon lange für den Umgang mit demobilisierten Exrebellen. Über 20.000 Kämpfer, so der Plan der UN-Mission im Kongo und der Regierung, sollen in den kommenden Jahren das von der Weltbank finanzierte Demobilisierungsprogramm durchlaufen. Drei alte Kasernen tief im Busch wurden für die Unterbringung ausgewählt. Dort sollen die Kämpfer eine Ausbildung zum Mechaniker, Tischler oder Maurer absolvieren. Die meisten hocken schon seit vier Jahren in den Lagern, haben das Training beendet und vermissen ihre Kinder und Frauen in den fernen Heimatprovinzen.

Immer wieder kam es aus Frustration zu Protesten. Das Demobilisierungsprogramm „scheint eher eine Bestrafungsaktion zu sein als ein umfassender Bildungsansatz, um die soziale Integration zu erleichtern“, klagt Betrand Bisimwa, Präsident der ehemaligen Miliz M23, deren Kämpfer und Offiziere wie Oberst Matembera zum Teil im Lager Kamina einsitzen.