Die Rückkehr der Höllenengel

ROCKER Die verbotenen Hells Angels haben in Walle einen neuen Treffpunkt. Mit dabei: der ehemalige Wutbürger Fritjof Balz, Beiratspolitiker aus Bremen-Nord

Hells Angels in Bremen-Walle. Vorne rechts mit dabei: Fritjof Balz Foto: Otto Belina

von Andrea Röpke

Die Hells Angels sind zurück in Bremen. Sie treffen sich neuerdings in einer ehemaligen Gaststätte im Bremer Westen, am Rande eines Parzellengebietes. Mittendrin, so berichten es Augenzeugen: der ehemalige Wutbürger Fritjof Balz, Beirat in Blumenthal, Sprecher einer Bürgerinitiative gegen ein Flüchtlingsheim in Farge.

Den hohen Zaun rund um das Grundstück an der Waller Straße 30 haben die Rocker mit einer weißen Plane verhüllt, über dem Eingang hängt ein Schild: „Parzelle eins“, dazwischen der Schriftzug „West“. Und noch eines: „Nichtbeschäftigten ist der Zugang strengstens verboten.“ Auf Fritjof Balz trifft das offenbar nicht zu. Er ist deutlich muskulöser als früher, wirkt aufgepumpt. Am vergangenen Wochenende trug Balz Augenzeugen zufolge mal ein „81“-Shirt, mal einen Schlüsselbund, auf dem „Fight for your right“ steht. Die „81“, ein Synonym für „HA“, nutzen die Hells Angels als Code. Balz selbst war für die taz nicht zu erreichen.

Bei der Wahl im vergangenen Jahr bekam der rechtslastige Lokalpolitiker 3.294 Personenstimmen. In den Kommentarspalten der sozialen Netze schrieb Balz in der Vergangenheit beispielsweise von der „Asylwirtschaft, welche sich auf den Schultern der Steuerzahler enorme Summen zuschustert“. Neben einer Klage über Flüchtlinge aus Indien breitete er auch antisemitische Verschwörungstheorien aus: dass ein Plan bestehe, Europa zu einem „buntgemischten braun-gelb-schwarz-weißen Bastardenvolk“ zu vermischen, um dann „von der Edelrasse der Juden regiert“ zu werden. Auch von einer „zionistischen Vernichtungs-Agenda“ war da die Rede. Den Post hat Balz aber schnell wieder gelöscht.

2015 war Balz aus der Wählervereinigung „Bürger in Wut“ ausgetreten, um ins andere rechte Lager zu wechseln. Doch sein Mitgliedsantrag für die AfD wurde abgelehnt. Kurz zuvor hatte die Seite antifa-bremen.org Fotos veröffentlicht: Sie zeigen Balz inmitten von Neonazis und rechten Hooligans am Bremer Hauptbahnhof: Aus nationaler Nächstenliebe wurde Kleidung an deutsche Obdachlose verteilt. „Da waren auch NPDler dabei“, sagte der Bremer AfD-Sprecher der taz. „Die NPD ist ein absolutes Ausschlusskriterium.“ Mittlerweile ist Balz parteilos. Die taz hält er für den „Völkischen Beobachter“ der linken Szene.

Auf die Zusammenkünfte der Rocker in Bremer Westen wurde mittlerweile auch die Politik aufmerksam: „Es ist uns bekannt, dass sich Personen mit Rockerkutten wieder im Stadtgebiet bewegen“, sagt Nicolai Roth, Sprecher des Bremer Innensenators. Es habe am vergangenen Wochenende „an der Örtlichkeit einen Polizeieinsatz ohne strafrechtlichen Hintergrund gegeben“, sagt ein Polizeisprecher. „Fest steht zurzeit nur, dass Mitglieder der Rockergruppierung Hells Angels aus dem niedersächsischen Umland dort vermehrt angetroffen und kontrolliert worden sind“. Welche Zielgruppe die aktuellen Betreiber des Lokals erreichen wollten, sei noch nicht abschließend geklärt. Die Polizei beobachte die Szene „genau“ und habe die Aktivitäten der Rocker „weiterhin im Blick“.

Die Hells Angels, Charter Bremen, sind seit drei Jahren verboten, auch „Ersatzorganisationen“ hat der Innensenator 2013 untersagt. Nicht erlaubt ist auch das Tragen des „geflügelten Totenkopfes“ mit dem Schriftzug „Hells Angels“. Allerdings gilt dieses „Kuttenverbot“ nur für Bremer Hells Angels – Mitglieder aus anderen Bundesländern dürfen auch in Bremen die Zeichen des Rockerclubs tragen. Bei den Treffen in Walle sieht man die Insignien der Hells Angels gleich mehrmals, auch solche mit dem „West Side“ auf dem Shirt oder dem verbotenen Schriftzug „Big Red Machine“.Im Rahmen des Vereinsverbots hat die Polizei 2013 in Bremen und Niedersachsen 17 Wohnungen und andere Objekte von zwölf Hells Angels durchsucht. Sie beschlagnahmte Schlag-, Stich-, Gas- und Signalwaffen, aber auch Pfefferspray, Anabolika, Kutten sowie Bargeld.

Nichtbeschäftigten ist Zutritt „strengstens verboten“. Für Balz gilt das nicht

Der Ortsverein „Bremen“ der Hells Angels gilt als Ableger des mächtigen Charters „Westside“, der sich 2012 nach eigener Erklärung selbst aufgelöst hat. Mehrere seiner Mitglieder sind laut Polizei als Straftäter aufgefallen. Dem Verein wird vorgeworfen, dass er „vornehmlich eine Gebiets- und Machtentfaltung auf kriminellem Sektor“ gegenüber anderen „Outlaw Motorcycle Gangs“ betreibt.

2013 kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen mit dem inzwischen ebenfalls verbotenen Motorradclub der Mongols in Bremen. Bei den Kämpfen der Rocker wurde damals ein Mongol durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt.

In Walle hat das Auftreten der Hells Angels den Beirat auf den Plan gerufen. Cornelia Barth, Sprecherin der Linken, will „schnell prüfen“, was gegen die Rocker unternommen werden könne, „auch baurechtlich“.