Kongo wirft Kritiker hinaus: Human Rights Watch ausgewiesen

Ida Sawyer von der NGO prangerte Polizeigewalt an. Jetzt muss sie das Land verlassen – ebenso wie andere Kritiker der Regierung.

Polizisten rangeln mit Demonstranten

Soll keiner sehen: Polizeieinsatz gegen Demonstranten am Flughafen Kinshasa, 27. Juli Foto: reuters

KAMPALA taz | Ein alarmierender Abgang: Ida Sawyer, langjährige Expertin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in der Demokratischen Republik Kongo, muss das Land verlassen.

Als die US-Amerikanerin am 3. Juli von einer Auslandsreise zurückkehrte, wurde sie am Flughafen der Hauptstadt Kinshasa gestoppt, berichtet HRW. Ein Beamter überstempelte ihre Arbeitserlaubnis mit dem Vermerk „annulliert“.

Erst am 10. Mai hatte Kongos Immigrationsbehörde ihr die dreijährige Arbeitserlaubnis verlängert, die am 9. August abgelaufen wäre. Nachdem diese nun annulliert war, schrieb HRW an Kongos Behörden. Diese rieten, eine neue zu beantragen. Diesem Antrag wurde am vergangenen Montag nicht stattgegeben.

Stattdessen gab man Sawyer 48 Stunden Zeit, um das Land zu verlassen. Sawyer, die von ihren acht Jahren im Kongo fünf Jahre lang in Kinshasa gelebt hatte und dort eine Wohnung unterhielt, musste hastig ihre Sachen packen.

Internationale NGO-Vertreter im Visier

Sie ist nicht die erste internationale NGO-Vertreterin, die aus dem Kongo geworfen wird. Im April wurde der US-Amerikaner Jason Stearns, ehemaliger UN-Ermittler, ausgewiesen, nachdem er einen Bericht über Massaker im Gebiet um die ostkongolesische Stadt Beni veröffentlicht hatte und die Armee der Komplizenschaft bezichtigte. Er hatte in Kinshasa bei Sawyer gewohnt, als die Behörden ihn einbestellten und die Ausreise anordneten.

Ein Researcher der britischen NGO Global Witness, die sich mit Kongos Rohstoffwirtschaft befasst, wurde im Juni hinausgeworfen. Grund: Visa-Unregelmäßigkeiten.

Als Lüge bezeichnet Kongos Regierungssprecher Lambert Mende die HRW-Darstellung von Sawyers Ausweisung. „Manchmal wohnt sie im Ausland, und dann weigert sich die Regierung, ihr eine Arbeitserlaubnis zu geben“, so Mende. Mehr gebe es nicht zu erklären, sagte er.

Es scheint jedoch offensichtlich, dass Kongos Sicherheitsorgane unangenehme ausländische Beobachter loswerden wollen. Seit die bis Ende des Jahers fälligen Wahlen auf unbestimmte Zeit verschoben wurden, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten Monaten Proteste gewaltsam niedergeschlagen werden. Dabei will sich Kongos ohnehin maroder Sicherheitsapparat nicht auf die Finger schauen lassen.

US-Sanktionen gegen Kinshasas Polizeichef

HRW hatte bereits im Jahr 2014 einen Bericht veröffentlicht, in welchem sie Kinshasas Polizeichef eines Massakers bezichtigte. In einer brutalen Operation wurden hunderte Kleinkriminelle verhaftet – später wurden Massengräber am Stadtrand von Kinshasa gefunden. 2015 erschoss die Polizei landesweit insgesamt 42 Demonstranten, als diese gegen Kabilas vermutete Pläne zu einer dritten Amtszeit auf die Straße gingen.

Vor wenigen Wochen reagierte nun die US-Regierung auf diese Menschenrechtsverbrechen. Sie setzte Céléstin Kanyama, Polizeichef von Kinshasa, auf eine Sanktionsliste. Seine Konten in den USA wurden eingefroren, er darf nicht mehr in die USA reisen.

Kanyama ist der erste von zahlreichen hochrangigen Funktionären in Kongos Polizei, Geheimdienst und Regierung, welchen US-Sanktionen drohen könnten. 38 Namen stehen auf einer Liste, die im US-Senat verhandelt werden. Präsident Kabila steht auch drauf.

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