Ulrike Herrmann über Banking mit virtueller Währung
: Erstaunlich technikgläubig

Eine neue Technik elektrisiert die Banken, aber auch Großstädte wie New York: Blockchain. Im Kern handelt es sich dabei um eine gigantische Datenbank, die auf viele Computer dezentral verteilt ist – und da auf jedem Rechner die gleichen Informationen gespeichert sind, kann niemand den Datensatz unbemerkt manipulieren.

Blockchain verspricht ultimative Freiheit: Es herrscht Anonymität, und gleichzeitig sind zentrale Großstrukturen angeblich überflüssig. Stattdessen soll schon ein Heimcomputer genügen, um die eigene kleine Welt komplett zu kontrollieren. Die künstliche Kryptowährung „Bitcoin“ war das erste Produkt dieser neuen Blockchain-Technologie und verkörpert den Mythos perfekt: Zentralbanken? Nein danke. Wir stellen unser Geld selbst her.

Doch der Mythos wird entzaubert, auch weil die typischen Mechanismen des Kapitalismus einsetzen: Wird eine neue Technik interessant, wird sie alsbald von den Giganten übernommen. Jetzt haben sich die Großbanken UBS, Deutsche Bank und Santander mit weiteren Partnern zusammengeschlossen, um ein eigenes Blockchain zu entwickeln.

Das erinnert ans Internet. Auch dort waren anfangs viele kleine Firmen unterwegs; inzwischen dominieren wenige Großkonzerne wie Amazon, Google und Facebook.

Kapitalistisch ist auch die Expansionslogik, die Blockchain zugrunde liegt: Sollte diese Technik zur Standardlösung werden, würde sie gigantische Energiemengen verbrauchen. Denn Blockchain verlangt, dass alle Transaktionen der Vergangenheit gespeichert und fortgeschrieben werden – auf Millionen von Computern. Ein solcher Aufwand kostet; diese Rechenkapazitäten sind nicht umsonst zu haben.

Zudem ist umso mehr Energie nötig, je sicherer Blockchain sein soll. Nachhaltig ist dieser neue Ansatz also nicht – sondern erstaunlich technikgläubig.

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