G-20-Treffen

Diplomatische Signale in Hangzhou: China rüpelt die USA an, Merkel und Erdoğan gehen auf Kuschelkurs

Mit gutem Beispiel voran

Wandel Die beiden größten Klimasünder, China und USA, haben das Pariser Klimaschutzabkommen unterzeichnet. Nun dürfte auch die EU folgen

HANGZHOU taz | Ein Geschenk wollte Obama vor dem Ende seiner Amtszeit als US-Präsident der Welt offensichtlich noch hinterlassen: Einen Tag vor dem offiziellen Beginn des G-20-Gipfels in der ostchinesischen Stadt Hangzhou sind die USA und China formell dem Klimaschutzabkommen von Paris beigetreten.

Auch wenn Obama das Wort „historisch“ nicht verwendete, betonte er: „Eines Tages sehen wir dies vielleicht als den Moment an, an dem wir uns endlich entschlossen haben, unseren Planeten zu retten.“

Auch China, das mit seiner gigantischen Kohle- und Schwerindustrie für rund 25 Prozent des globalen Kohlendioxidausstoßes steht, scheint sich klimapolitisch gewandelt zu haben. Chinas Staatspräsident Xi Jinping verwies darauf, dass „unsere Reaktion auf den Klimawandel Auswirkungen auf die Zukunft unseres Volkes und das Wohlergehen der Menschheit“ habe. War China bei der Weltklimakonferenz Ende 2009 in Kopenhagen noch der große Blockierer, ruft Xi nun dazu auf, dass die anderen G-20-Staaten diesem Schritt doch rasch folgen sollen.

Von den 195 Ländern, die sich Ende des vergangenen Jahres auf der Weltklimakonferenz in Paris darauf verständigt hatten, über die drastische Drosselung des CO2-Ausstoßes die Erderwärmung auf weniger als zwei Grad zu begrenzen, haben gerade einmal 23 Länder das Klimaabkommen ratifiziert. Denn das bedeutet eine deutliche Abkehr von Kohle, Öl und Gas und damit eine umfassende Umstrukturierung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien. Bei den meisten Staaten, die bisher unterzeichnet haben, handelt es sich um kleine Inselstaaten im Pazifik und im Indischen Ozean, die bereits vom Klimawandel betroffen sind.

Damit das Klimaabkommen ab 2020 offiziell in Kraft tritt und das bisherige Kioto-Abkommen ersetzt, haben sich die Staaten in Paris darauf verständigt, dass mindestens 55 Staaten ratifizieren, die zusammen für mindestens 55 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind. Mit den Unterschriften des chinesischen und des US-amerikanischen Staatschefs sind damit fast 40 Prozent erreicht. Deutschland hat das Abkommen noch nicht offiziell unterzeichnet, dürfte nun aber dem Schritt Pekings und Washingtons rasch folgen.

UN-Generalsekretär Ban bedankte sich bei Xi und Obama für den Vorstoß. Auch Klimaschutzinitiativen begrüßen den Vorstoß Chinas und der USA grundsätzlich, warnen aber vor zu viel Euphorie. Wenn sich die beiden Giganten nicht bewegt hätten, wäre klar, dass die Klimaziele von Paris gar nicht erreicht würden, sagte Christoph Bals von Germanwatch. Er warnte, dass Paris erst der Anfang sein könnte, und sieht vor allem die G-20-Staaten in der Pflicht. Sie stoßen immerhin drei Viertel der weltweiten Emissionen aus.

Großer Streitpunkt vor allem zwischen Washington und Peking war, ob sich China als weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft zu den Industrienationen oder zu den Entwicklungs- und Schwellenländern zählt. Während Erstere ihre Emissionen auch in absoluten Zahlen senken sollen, werden Letztere lediglich gemäß ihrer Möglichkeiten dazu „ermuntert“.

Die chinesische Führung konnte sich weitgehend durchsetzen und ließ sich nur abringen, den Ausstoß spätestens ab 2030 zu senken. Allerdings ist Chinas Kohleverbrauch in den letzten zwei Jahren nicht zuletzt auch aufgrund des rückläufigen Wirtschaftswachstums und des massiven Ausbaus erneuerbarer Energien leicht zurückgegangen. Hält dieser Trend an, hat China sein selbst gestecktes Ziel 16 Jahre vor dem auf der Pariser Klimakonferenz vereinbarten Zeitpunkt erreicht. Felix Lee