SPÖ lehnt Freihandelsabkommen ab: Wiener Schmäh gegen Ceta

Kaum ist die SPD befriedet, stimmt die SPÖ gegen Ceta. Doch dass das Abkommen an Österreich scheitert, ist unwahrscheinlich.

Porträt Kern, im Hintergrund der Schriftzug „CETA“

Der österreichische Bundeskanzler versucht, sich die Optionen offenzuhalten Foto: reuters

WIEN/BRÜSSEL taz | „Soll Österreich der vorläufigen Anwendung von Ceta auf EU-Ebene zustimmen?“ 88 Prozent der SPÖ-Mitglieder, die sich diese Woche an einer von Parteichef und Bundeskanzler Christian Kern angesetzten Abstimmung beteiligten, haben diese Frage verneint. Das Abkommen zwischen der EU und Kanada ist fertig verhandelt.

Österreichs Sozialdemokraten sind damit die einzige Regierungspartei in der EU, die sich auf die Seite von Attac und Greenpeace stellt, die hinter dem Freihandelsvertrag ein Instrument von Konzerninteressen und einen Anschlag auf Umwelt, Sozialstandards und den Mittelstand sehen. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) hat mit der Abstimmung seine eigene Meinung bestätigt gefunden. Allerdings haben sich nur 6,5 Prozent der SPÖ-Mitglieder an dem Votum beteiligt.

Gleichzeitig provoziert er aber einen Konflikt mit dem Koalitionspartner ÖVP. Deren Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hält Ceta für unbedenklich: Es handle sich um „ein gutes und faires Abkommen, das den Handel beleben und Arbeitsplätze sichern wird“. Für ihn reicht es, wenn nachteilige Kapitel des Abkommens durch eine Zusatzerklärung entschärft werden, wie sie die SPD einfordert.

Ein Hintertürchen lässt sich die SPÖ aber offen. Ihr Bundesgeschäftsführer, Georg Niedermühlbichler, stellte am Dienstag klar, dass die angedrohte Blockade des Abkommens in der EU von den angekündigten „Klarstellungen“ abhänge: „Dann könnte es schon sein, dass man sagt: Okay, das reicht für uns, okay, wir blockieren es nicht“, sagte er.

EU lehnt Änderung ab

Attac will den Kanzler aber nicht so leicht vom Haken lassen. Immerhin haben mehr als 100.000 Menschen die Bundesregierung in Wien dazu aufgefordert, Ceta abzulehnen. „Die SPÖ darf ihre selbst gezogenen roten Linien bei Ceta nicht überschreiten“, warnte Alexandra Strickner von Attac Österreich. Die EU-Kommission sieht in der österreichischen Haltung bisher kein Problem. Man verfolge die Diskussion aufmerksam und freue sich, alle offenen Fragen bei einem Treffen der Handelsminister am kommenden Freitag in Bratislava klären zu können, sagte ein Behördensprecher in Brüssel.

Änderungen soll es allerdings nicht geben: „Nachverhandlungen sind nicht mehr möglich“, betont die EU-Kommission. Allerdings werden man sich um Klarstellungen zu Ceta bemühen, die die SPÖ ähnlich wie die SPD wünscht. Das Ziel bleibt, am Ende doch noch ein einstimmiges Votum zu erzielen.

Alexandra Strickner, Attac

„Die SPÖ darf ihre roten Linien nicht überschreiten“

Das ist nötig, damit Ceta vorläufig in Kraft treten kann – jedenfalls bei einem „gemischten Abkommen“, bei dem auch die nationalen Parlamente mitentscheiden. Sollte Ceta hingegen als „EU only“ behandelt werden, wie es die EU-Kommission immer noch am liebsten hätte, würde eine qualifizierte Mehrheit ausreichen.

Doch was passiert, wenn Einstimmigkeit gefordert ist, aber Österreich oder ein anderes EU-Land Nein sagt? „Dann geht es wohl nicht“, sagt Bernd Lange (SPD), der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament. Allerdings wäre das eine Überraschung: Bisher wurden Freihandelsabkommen von den Ministern meist nur abgenickt, ohne Abstimmung. Mit dem Ja des Ministerrats wird für Oktober gerechnet, danach geht Ceta ins EU-Parlament. „Frühestens im Februar“ würden die Beratungen beginnen, so Lange.

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