Schauspielen um jeden Preis

Werkschau Brillant noch im Sündenfall: Heinrich George prägte den deutschen Film bis in die 40er-Jahre

„Wenn sie mir verbieten zu spielen, werde ich sterben“, soll Heinrich George nach seiner Inhaftierung durch die Russen in Berlin gesagt haben. Und tatsächlich durfte er in den Internierungslagern vor den anderen Häftlingen in von ihm inszenierten Theaterstücken auftreten, bis er 1946 an Entkräftung starb.

Vielleicht erklärt diese Sucht, vor einem Publikum aufzutreten, zumindest ansatzweise, warum er sich so bedingungslos in die Propaganda der Nationalsozialisten einspannen ließ und in einigen ihrer schlimmsten Werken so brillant spielte. Und dass, obwohl er doch vor der Machtergreifung noch einer der bekanntesten linken Künstler war; ein Freund von Berthold Brecht, Ernst Toller und Joachim Becher, der in Filmen wie „Metropolis“, „Berlin Alexanderplatz“ und „Dreyfus“ mitgespielt hatte.

Heinrich George war ein Berg von einem Mann. Solch einem verzieh man das Mitläufertum nicht so schnell wie etwa einem Heinz Rühmann. Einen differenzierten Blick auf George gibt es erst seit wenigen Jahren. Der Film „Georg“ aus dem Jahr 2013, in dem Götz George in einer seiner letzten Rollen seinen Vater spielte, ist dafür ein Beleg. Im Theatermuseum in Hannover gibt es noch bis Mitte Dezember eine Sonderausstellung mit dem Titel „Heinrich George – Eine Begegnung“, begleitend dazu läuft eine Filmreihe im dortigen Künstlerhaus-Kino.

Auf dem Programm stehen da nicht unbedingt seine besten Filme aus der Zeit der Weimarer Republik, dafür aber einige von Georges großen Sündenfällen. Die Programmmacher haben sich etwa dagegen entschieden, „Der Postmeister“ aus dem Jahr 1940 zu zeigen; ein Film, der beweist, dass George zu dieser Zeit auch Filmkunst gemacht hat. Stattdessen kann man ihn in „Hitlerjunge Quex“ (14. November) als Kommunisten sehen, der zu einem überzeugten Nationalsozialisten wird.

In Veit Harlans Durchhaltefilm „Kolberg“ (6. Dezember) gab er dann den heroischen Bürgermeister Nettelbeck, der lieber untergeht als Napoleon die belagerte Stadt zu übergeben. Interessanter ist da schon Georges einzige, selten gezeigte Regiearbeit „Schleppzug M 17“ (9. Oktober) aus dem Jahr 1932: ein bescheidener und lebensnaher Film über das Leben von Binnenschiffern.

Mit dem damaligen Star Conrad Veidt spielte er in „Der Mann, der den Mord beging“ (6. November) einen so niederträchtigen britischen Lord, dass der Mord an ihm als gerechtfertigt angesehen und nicht geahndet wird. Er konnte also auch den Mann spielen, den das Publikum hasst. HIP

Austellung „Heinrich George. Eine Begegnung“: bis 11. Dezember, Schauspiel Hannover

Infos zur Filmreihe: www.presse-hannover.de/koki/koki2008