Silke Mertins über Gabriels IranReise und seine Kanzlerqualitäten
: Er kann’s nicht

Den „kritischen Dialog“ mit Diktatoren ­erwartet man von der FDP, nicht von einem Sozi

Für Sigmar Gabriel hätte es am dritten Tag seiner Iranreise nicht besser laufen können: Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani sagte seinen Termin mit dem deutschen Wirtschaftsminister und SPD-Chef kurzfristig ab. Gabriels kalkuliert kritische Äußerungen zu Menschenrechten sowie zuvor schon zu Israel und Syrien hatten dem Hardliner offenbar nicht gefallen. Diese vorhersehbare Reaktion kommt Gabriel so gelegen, dass er Laridschani eigentlich eine Schachtel „Merci, dass es Dich gibt“ schicken müsste. Besser könnte er nicht nachweisen, dass er auch auf so umstrittenen Wirtschaftsreisen wie der nach Teheran oder jüngst nach Moskau für die Demokratie kämpft.

Gabriel sollte gleich auch noch ein Dankesschreiben an die FDP verfassen, die diese politische Verkaufsstrategie entwickelt und „kritischer Dialog“ getauft hat: Mit Wirtschaftsvertretern im Schlepptau bei zahlungskräftigen Autokraten und Diktatoren Klinken putzen und an passender Stelle das Wort „Menschenrechte“ fallen lassen. Fertig ist der „kritische Dialog“.

Von der FDP erwartet man nichts anderes; es entspricht ihrer Programmatik und ihren Prioritäten. Aber schon von einem Sozialdemokraten, der sonst gern Waffenlieferungen geißelt, den Kampf gegen Fluchtursachen fordert und das „Spekulantentum“ der Deutschen Bank anprangert.

Natürlich haben die Iraner nach Aufhebung der Sanktionen bessere Handelsbeziehungen verdient. Die Bevölkerung hat sehr gelitten. Doch ausgerechnet jetzt, wo das syrische Regime mit iranischer und russischer Rückendeckung Aleppo in Grund und Boden bombt, zum Händeschütteln nach Teheran zu fahren, ist geschmacklos.

Es beschädigt die Glaubwürdigkeit Gabriels und damit auch seine wahrscheinliche SPD-Kanzlerkandidatur. Wenn es um das Ausbalancieren von Realpolitik und demokratischen Werten geht, hat er einmal mehr bewiesen: Er kann’s nicht.

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