Stipendien für männliche deutsche Akademikerkinder

BildungDie Vergabe von Stipendien benachteiligt Frauen und Migranten, besonders im Ruhrgebiet

Erfolg maßgeblich durch das Geschlecht und das Elternhaus bestimmt

BERLIN taz | Migranten und Frauen erhalten seltener ein Stipendium als Männer beziehungsweise Bewerber ohne Migrationshintergrund. Das ist ein Ergebnis der „Stipendienstudie 2016“, die die Initiative für transparente Studienförderung (ItS) zusammen mit der Stiftung Mercator am Donnerstag vorgestellt hat.

Bei Frauen wird der Effekt noch dadurch verstärkt, dass sie sich seltener bewerben, obwohl sie einen deutlich besseren Notendurchschnitt haben als Männer. „Das liegt wohl an dem fehlenden Selbstbewusstsein der jungen Frauen“, sagt Studienleiterin Mira Maier.

Die Studie ist die bisher größte über die Bewerbung und Vergabe von Stipendien. 28.000 Abiturienten und Studenten aus ganz Deutschland, die schon mal auf der Plattform myStipendium.de nach einem Stipendium suchten, füllten einen Online-Fragebogen aus. Knapp jeder Zweite hat sich schon einmal für ein Stipendium beworben. Im Schnitt ist jeder fünfte Bewerber erfolgreich. Besonders bei kleineren Stiftungen stehen die Chancen gut. Jeder Dritte erhält dort eine Förderung. „Diese Stiftungen fördern zwar meist nur wenige Studenten, haben aber auch weniger Bewerber“, sagt Maier. Etwa 23 Prozent der Befragten erhalten ein Deutschlandstipendium – Stipendien, die zur Hälfte vom Bund, zur Hälfte privat finanziert werden. Weniger häufig vergeben die dreizehn Begabtenförderungswerke wie die Heinrich-Böll-Stiftung oder das Evangelische Studienwerk Villigst ein Stipendium: Sie nehmen nur 13,5 Prozent der Bewerber an.

Studierende aus Akademikerfamilien und Studierende aus niedriger Bildungsherkunft bewerben sich gleich häufig. Während Nicht-Akademiker-Kinder nur zu 19,7 Prozent ein Stipendium erhalten haben, beträgt die Quote bei hoher Bildungsherkunft 25,6 Prozent. Auch Bewerber mit Migrationshintergrund sind mit ihren Bewerbungen weniger erfolgreich als ihre Konkurrenten ohne Migrationshintergrund.

Wer sich noch nie um ein Stipendium bemüht hat, gab an, kein passendes gefunden zu haben, beziehungsweise kein gesellschaftliches Engagement oder gute Noten vorweisen zu können. „Dabei bestehen immer noch die typischen Vorurteile, dass es Stipendien nur für die Besten der Besten gibt“, sagt Maier. „Insgesamt werden die Stipendienchancen maßgeblich durch das Geschlecht und das Elternhaus bestimmt – Chancengleichheit besteht hierzulande kaum“, sagt Felix Streiter von der Stiftung Mercator.

Schwerpunkt der Studie war das Ruhrgebiet. Dort werden Stipendien seltener vergeben – und noch seltener an Frauen und Migranten. Judith Freese