Der Fall Egon Scotland

Prozessbeginn Der Reporter wurde 1991 in Kroatien erschossen

BERLIN/SPLIT | Rund 25 Jahre nach der Ermordung des deutschen Journalisten Egon Scotland im Kroatienkrieg beginnt am Dienstag im kroatischen Split der Prozess gegen den mutmaßlich Verantwortlichen. Scotland war Reporter der Süddeutschen Zeitung und wurde am 26. Juli 1991 von einem Scharfschützen in einem als Pressefahrzeug gekennzeichneten Wagen kurz vor der kroatischen Stadt Glina erschossen, wie die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen am Montag in Berlin mitteilte. Das Gebiet um Glina wurde damals von einer serbischen Miliz unter dem Kommando des jetzt angeklagten Dragan Vasiljković kontrolliert.

Laut Reporter ohne Grenzen war Scotland einer der ersten von mindestens 25 Journalisten, die in den Balkankriegen von 1991 bis 1995 allein in Kroatien wegen ihrer Arbeit getötet wurden. Ein klares Urteil in diesem Fall wäre ein wichtiges Signal gegen die Straflosigkeit, durch die sich die Feinde der Pressefreiheit zu immer neuen Gewalttaten ermutigt fühlten, erklärte der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr.

Der serbische Milizenführer Dragan Vasiljković lebte nach Ende des Krieges unter falschem Namen in Australien. 2005 wurde er von einer aus­tralischen Journalistin enttarnt und nach einem neunjährigen Rechtsstreit im Juli 2015 nach Kroatien ausgeliefert. Neben dem Mord an Egon Scotland werden ihm Folter und Mord an kroatischen Kriegsgefangenen sowie der Tod weiterer Zivilisten bei der Eroberung von Glina zur Last gelegt. Im Falle eines Schuldspruchs drohen ihm bis zu 20 Jahre Haft.

Im Gedenken an Egon Scotland gründete sich 1993 der Verein „Journalisten helfen Journalisten“, der Hilfe für verfolgte und bedrohte Journalisten weltweit organisiert. Auch die Gründung der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen 1994 ging auf Scotlands Ermordung zurück. (epd)