90 Minuten Schlammschlacht

USA Inhaltliches kam in der zweiten Debatte zwischen den Präsidentschaftskandidaten Clinton und Trump nur am Rande vor. Stattdessen: Drohgebärden und Schmähungen

Die besseren Noten geben Beobachter der Demokratin Clinton Foto: Saul Loeb/reuters

aus New York Dorothea Hahn

Am Morgen nach dem zweiten Schlagabtausch der US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton gaben die politischen BeobachterInnen der Demokratin Clinton die besseren Noten für ihren Debattenauftritt. Doch zugleich bescheinigten sie dem Republikaner, dass er sich besser als beim ersten Mal geschlagen habe.

Clinton wahrte die Ruhe und bescheinigte ihm erneut – bestärkt durch das geleakte Video aus dem Bus, in dem Trump über seine sexuellen Übergriffe gegen Frauen prahlt – dass er untauglich für das höchste Amt in der Nation sei. Er nannte sie wiederholt eine „Lügnerin“ und kündigte ihr an, dass er sie ins Gefängnis bringen werde, falls er gewählt wird.

In einer ersten Reaktion erklärte der Demokrat und ehemalige Justizminister Eric Holder: „In den USA drohen wir politischen Gegnern nicht mit Gefängnis.“ Der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat Mike Pence, der die Worte von Trump auf dem Video aus dem Bus noch wenige Stunden zuvor kritisiert hatte, schrieb auf Twitter, er sei „stolz, mit ihm zusammen zu arbeiten“.

Am Wochenende hatten sich mehrere Kongressabgeordnete, Gouverneure und Parteifunktionäre von dem Kandidaten abgesetzt und einige hatten ihn auch zum Rücktritt aufgefordert – auch das hörte nach dem Ende der Debatte auf. Der linke Filmemacher Michael Moore war am späten Sonntagabend überzeugt, dass Trump zumindest „keine einzige Stimme verloren“ hatte.

Trump war das TV-Duell als Schlammschlacht angegangen. Weniger als eine Stunde vor dem Beginn hatte er mehrere Frauen, die sich als Opfer der Clintons verstehen, zu einer kurzen Pressekonferenz versammelt. Drei der Frauen, die Trump bei dem Termin in einem Hotelzimmer in St Louis flankierten, werfen Expräsident Bill Clinton sexuelle Angriffe vor, die vierte Frau ist als zwölfjähriges Mädchen im Bundesstaat Arkansas vergewaltigt worden. Sie nimmt Hillary Clinton übel, dass sie den Täter als Pflichtverteidigerin vertreten hat. Trump setzte seine Attacke fort, indem er die vier in das Publikum einlud und sie während der TV-Debatte erwähnte.

Es war ein Manöver, mit dem er von dem Video im Bus ablenken wollte. Seine darin enthaltenen eigenen Worte – unter anderem „als Star kann ich mit Frauen machen, was ich will“ – nannte er: „locker room talk“, also Umkleideraumgerede.

In Focus-Gruppen in mehreren Bundesstaaten sagten RepublikanerInnen und auch unentschiedene WählerInnen zwar, dass dieses Gerede sie nicht von einer Stimmabgabe für Trump abhalten würde. Zugleich stellte die New York Times bei einer Kurzumfrage am Debattenabend fest, dass es Frauen quer durch das Land schockiert und angewidert hat und dass es Trump in vielen weiblichen Augen erst recht disqualifiziert hat.

„Wir drohen politischen Gegnern nicht mit Gefängnis“

Eric Holder, Demokrat

Während der Debatte vermieden Trump und Clinton lange jeden Kontakt. Doch als am Ende die Frage aus dem Publikum kam, ob sie etwas Positives an ihm finden könne, nannte sie seine Kinder und er nannte ihre Beharrlichkeit („Sie gibt nicht auf“) als Pluspunkt.

Politische Themen traten in den Hintergrund. Ganz kurz ging es um die Gesundheitsreform, die er abschaffen und sie verbessern will und um Syrien, wo beide den sogenannten IS zerschlagen wollen. Der Klimawandel wurde in der 83. Minute einmal erwähnt. Die Debatte war, fasste die New York Times zusammen ,„ein zutiefst hässlicher Moment in der amerikanischen Politik“.

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